TH:Leitlinien neu

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Diese Leitlinien wurden auf dem Landesparteitag 2010.1 verabschiedet und bilden die Basis für eine thematische Erweiterung. Erweitert wurden die Themen auf den nachfolgenden Parteitagen

Inhaltsverzeichnis

Präambel

Die Piratenpartei überspannt alle gesellschaftlichen Schichten und gehört keinem traditionellen politischen Lager an. Piraten arbeiten themen- und lösungsorientiert an den Problemstellungen der Gegenwart und Zukunft. Freiheit in der Informationsgesellschaft des 21. Jahrhunderts ist für uns als sozialliberale Grundrechtepartei mit basisdemokratischen Strukturen identitätsstiftend. Im Bemühen der Menschheit Raum und Zeit zu überwinden, tritt mit dem Internetzeitalter ein Epochenwandel ein, der ein neues Verständnis des Freiheitsbegriffs mit sich bringt: Freiheit durch Gleichberechtigung. Freiheit durch Meinungsäußerung. Freiheit durch allgemeinen Zugang zu Bildung und Wissen. Freiheit durch Verzicht auf Hierarchien und Autoritäten. Freiheit durch Teilhabe und Pluralismus. Freiheit durch Selbstverwirklichung und Selbstbestimmtheit. Die Piraten suchen im Sinne dieser grundlegenden Wertevorstellung nach neuen Lösungsansätzen in allen politischen Bereichen. Dabei verstehen wir uns entgegen herkömmlicher Parteien als eine Art Bürgerbewegung, die die Mitbestimmung der Menschen in den Mittelpunkt stellt, um gemeinsam eine Gesellschaft von morgen zu gestalten. Wir haben nicht für alle Problemstellungen sofort eine Lösung, aber wir stellen Fragen und suchen mit allen Menschen aus Thüringen, Deutschland und der ganzen Welt nach Antworten. »Klarmachen zum Ändern!«

I. Demokratisches Thüringen

Demokratie & Bürgerbeteiligung

Die Idee der Demokratie ist es, die individuellen Meinungen der Bürger abzubilden. In konstruktiven Diskursen sollen durch diesen Prozess Gesetze entstehen, die eine freie Entfaltung des Einzelnen und ein faires Miteinander aller Teile der Gesellschaft gleichberechtigt ermöglichen. Die gegenwärtige Form der repräsentativen Demokratie stößt dabei an ihre Grenzen. Viele Entscheidungen in Vergangenheit und Gegenwart wurden ohne Berücksichtigung des Bürgerwillens getroffen. Die Beteiligung der Bürger soll durch neue Wege der Demokratie vereinfacht und damit die Bürgernähe der Parlamente sowie der Verwaltungen gestärkt werden.

Senkung des Wahlalters

Junge Menschen werden mit 14 Jahren strafmündig und uneingeschränkt religionsmündig. Mit 16 beginnen viele Heranwachsende eine Berufsausbildung. Ihre Lebensumstände werden stark durch Entscheidungen in den Kommunen und im Land beeinflusst. Junge Politik ist nachhaltige Politik. Aufgrund des demographischen Wandels und der damit verbundenen Überalterung der Gesellschaft stellen junge Wähler inzwischen eine Minderheit dar. Deshalb müssen die Belange der kommenden Generationen auf besondere Weise gestärkt werden. Wir setzen uns für ein kommunales Wahlalter von 14 Jahren und das Wahlrecht auf Landesebene ab 16 Jahre ein.

Vereinfachung der Verfahren für basisdemokratische Initiativen

Bei bestehenden Bürgerbeteiligungsverfahren (Bürgerantrag, Volksbegehren, Volksentscheid) sind die Hürden für den Erfolg sehr hoch und die Verfahren unübersichtlich. Die PIRATEN Thüringen wollen deshalb bestehende Bürgerbeteiligungsverfahren kritisch prüfen und gegebenenfalls korrigieren. Die Form der unterschiedlichen Verfahren soll vereinheitlicht und damit vereinfacht werden. Verbote von Bürgerbeteiligungsverfahren etwa den Landeshaushalt, Bezüge oder Abgaben betreffend („Finanztabu”) sind aufzuheben. Unterschriftensammlungen sollen auf verschiedensten Wegen ermöglicht werden.

Aufnahme der Popularklage in die Thüringer Verfassung

Die PIRATEN Thüringen setzen sich für die Aufnahme des Rechtes auf Popularklage in die Thüringer Verfassung ein. Die Popularklage ermöglicht es jedem Bürger unabhängig von persönlicher Betroffenheit, vor dem Landesverfassungsgericht gegen Rechtsnormen des Landesrechtes zu klagen, wenn er durch sie die verfassungsmäßigen Grundrechte eingeschränkt sieht. Sie stärken damit die Rechte der Bürger. Popularklagen sollen grundsätzlich kostenfrei sein.

Stärkung, Weiterentwicklung bzw. Einführung der Bürgerbeteiligungshaushalte

Die Bürgerbeteiligungshaushalte sind eine Möglichkeit der Bürger, ihr unmittelbares Lebensumfeld direkt zu gestalten. Bisher erreichen die Methoden der Bürgerbeteiligungshaushalte nur wenige Bürger. Zudem sind sie nicht ausreichend in bestehende politische Strukturen integriert. Diese Probleme müssen gelöst werden, um bürgernahe kommunale Politik zu ermöglichen.

Einführung von E-Petitionen auf allen Verwaltungsebenen

Neue Technologien eröffnen vielfältige Formen der direkten Bürgerbeteiligung. In Thüringen wird die Chance einer unkomplizierten und direkten Bürgerbeteiligung durch E-Petitionen jedoch bisher nicht genutzt. Wir fordern eine schnellstmögliche Einführung dieser Form der demokratischen Einflussnahme.

Bürgerbeteiligungsverfahren bei großen öffentlichen Vorhaben

Die Lebenswelt eines jeden Bürgers wird durch große öffentliche Bauvorhaben, kostenintensive Veranstaltungen und umweltveränderte Maßnahmen direkt beeinflusst. Daher fordern die PIRATEN Thüringen ein öffentlich und großflächig geführtes Bürgerbeteiligungsverfahren und ein Instrument für ein Bürger-Veto bei allen diesen Vorhaben.

Neue Form der Demokratie

Die PIRATEN Thüringen sehen in dem Ansatz der "Liquid Democracy" (flüssigen Demokratie) einen erfolgversprechenden Weg, die Vorteile der repräsentativen und direkten Demokratie zu vereinen. Den Bürgern wird damit die Möglichkeit gegeben über ihr Stimmrecht frei zu entscheiden. Jederzeit kann somit an Entscheidungsprozessen selbst partizipiert (direkte Demokratie) oder die Stimme delegiert (repräsentative Demokratie) werden. Dieser Übergang ist fortwährend möglich und nicht an Legislaturen gebunden.

Transparenz

Transparenz bedeutet, dass politische Prozesse nachvollziehbar und alle mit ihnen verbundenen Informationen dauerhaft öffentlich zugänglich sind. In Thüringen werden Entscheidungen in politischen Bereichen häufig unter Ausschluss der Öffentlichkeit vorbereitet und getroffen. Nicht zuletzt dadurch werden interessierte Bürger weitgehend von der politischen Mitwirkung ausgeschlossen. Öffentliche Verwaltung und Parlamente müssen im Sinne des Bürgers handeln. Es ist dem Bürger jedoch oft nicht möglich, Entscheidungsprozesse zu überprüfen. Wir fordern umfassende Transparenz bei Vorgängen der Entscheidungsfindung.

Transparenz von Entscheidungen öffentlicher Gremien und der Verwaltung

Die Arbeit der Gremien und Einrichtungen der öffentlichen Hand muss transparent und somit für die Bürger nachvollziehbar sein. Alle Sitzungen sollen öffentlich abgehalten und nach Möglichkeit aufgezeichnet werden. Diese Aufzeichnungen sind jedermann zugänglich zu machen. Dabei ist der Schutz personenbezogener Daten zu gewährleisten. Alle relevanten Informationen müssen rechtzeitig und vollständig,über geeignete Medien und für jedermann verständlich, bereitgestellt werden. Dazu zählen Tagesordnungen und Abstimmungsvorlagen, insbesondere solche mit finanziellen Komponenten. Die getroffenen Beschlüsse sind unverzüglich zu veröffentlichen.

Offenlegung von Interessenkonflikten von öffentlichen Entscheidungsträgern

Um öffentliche Ausgaben gerecht zu tätigen, müssen alle Interessenkonflikte ˗ insbesondere Vorteilserlangung oder Begünstigungen der Entscheidungsträger ˗ bekannt sein. Wir fordern deshalb die Offenlegung aller Nebeneinkünfte, Sponsoring-Verträge und Vergleichbarem für alle Entscheidungsträger. Im Falle auftretender Vorteilsnahme müssen rechtliche Sanktionen greifen.

Umsetzung der Antikorruptionsrichtlinien von Transparency International bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen

Transparency International (TI) untersucht und veröffentlicht Fälle von Korruption auf der ganzen Welt. Auf Basis ihrer Erfahrung hat TI Richtlinien für Korruptionsvermeidung ausgearbeitet, die wir auch in Thüringen einführen wollen. Damit möchten wir sicher stellen, dass Entscheidungen ausschließlich entsprechend der Sachlage gefällt werden.

Informationsfreiheitsgesetz

Nachvollziehbare und angemessene Kosten für Auskünfte nach dem Informationsfreiheitsgesetz

Das Informationsfreiheitsgesetz ist in der Informationsgesellschaft von unschätzbarem Wert. Momentan verlangen die Behörden zum Teil sehr hohe Gebühren für solche Auskünfte, die eine deutliche Hürde für die Bürger darstellen. Wir fordern, dass diese Verwaltungsgebühren auf eine angemessene Höhe begrenzt werden.

Dreiteiliges Informationsfreiheitsgesetz für den Freistaat Thüringen

  • Teil Eins soll den Bürgern gesetzliche Rechte zusichern, Informationen aus der Verwaltung in Erfahrung zu bringen. Hierfür ist eine Kostenschranke anzusetzen, welche von jedem Bürger aufgebracht werden kann.
  • Teil Zwei soll eine maximale Transparenz nach dem Vorbild des Hamburger Transparenzgesetzes regeln. Alle Daten, welche in der Verwaltung anfallen, unterliegen automatisch einer Veröffentlichungspflicht. Als Mindestmaß müssen die Daten und Dokumente barrierefrei und kostenlos auf einer geeigneten Internetplattform zur Verfügung gestellt werden. Die Pflicht zur Veröffentlichung findet ihre Grenzen in den Bestimmungen des Bundesdatenschutzgesetzes.
  • Im dritten Teil des Gesetzes sollen Bestimmungen getroffen werden, unter welchen Bedingungen die zur Verfügung gestellten Daten weiterverwendet werden dürfen. Die PIRATEN Thüringen streben an, dass alle anfallenden Daten unter eine Lizenz gestellt werden, die privates sowie kommerzielles Weiterverarbeiten bei Quellenangabe erlaubt.

Offenlegung und Überprüfung von Public-Private-Partnership-Verträgen

Public-Private-Partnership-Verträge (PPP) sind eine Form der Privatisierung, die häufig höhere Kosten verursachen als sie einsparen sollen. Grundlegende Aufgaben der öffentlichen Hand sollten im Eigenbetrieb oder zum Vorteil der Allgemeinheit erbracht werden. Kurzfristige finanzielle Vorteile dürfen keinesfalls langfristig sinnvoller Haushaltspolitik vorgezogen werden. Daher müssen alle PPP-Verträge offengelegt und kritisch geprüft werden.

Stärkung der Unabhängigkeit der Abgeordneten

Die PIRATEN Thüringen setzen sich für von der Alliance for Lobbying Transparency and Ethics Regulation (ALTER-EU) inspirierte Positionen zur Verhinderung von Interessenkonflikten von Abgeordneten ein:

  • Wir fordern eine einjährige Karenzzeit für Minister, parlamentarische und beamtete Staatssekretäre ein. Innerhalb dieser Zeit muss ein Wechsel in Lobbytätigkeiten z.B. als Mitarbeiter/Partner oder Gesellschafter in Lobbyagenturen, Think Tanks, Stiftungen o.ä. verboten sein. Des Weiteren sollten Tätigkeiten ausgeschlossen werden, die auf andere Weise zu Interessenkonflikten führen können, zum Beispiel Positionen in Unternehmensvorständen oder Aufsichtsratsposten, die eng mit der inhaltlichen Arbeit verbunden sind.Eine unabhängige Ethik-Kommission soll über die Zulässigkeit entscheiden, wenn die Frage eines Interessenkonflikts nicht eindeutig zu beantworten ist.
  • Strikte Regeln für Parlamente zu schaffen, die sicherstellen, dass Mitglieder dieser Parlamente weder Geld noch Geschenke oder Reisen und Einladungen zu Events von Interessengruppen oder Lobbyisten erhalten. Dabei sollte eine Obergrenze in Höhe von € 50 festgelegt werden.
  • Nach dem Ende ihrer Mandatszeit dürfen Abgeordnete für ein Jahr keinen Beruf ausüben, der Lobby-Tätigkeiten beinhaltet. Unter anderem soll so verhindert werden, dass Abgeordnete während ihrer Mandatszeit spätere Lobbytätigkeiten aushandeln.

Strengere Regeln für die Nebentätigkeiten der Abgeordneten

Wir fordern alle bezahlten Nebentätigkeiten von Abgeordneten zu verbieten, die Lobbyarbeit, z.B. als Mitarbeiter/Partner oder Gesellschafter in Lobbyagenturen, Think Tanks, Stiftungen o.ä. beinhalten. Des Weiteren sollten Tätigkeiten ausgeschlossen werden, die auf andere Weise zu Interessenkonflikten führen können – zum Beispiel Positionen in Unternehmensvorständen oder Aufsichtsratsposten, die eng mit der inhaltlichen Arbeit verbunden sind.

Datenschutz und Informationsfreiheit

In einer Informationsgesellschaft bedeutet Information Macht. Immer mehr private und staatliche Stellen sammeln umfangreiche Daten über die Bürger oft ohne deren Wissen und Einverständnis und ohne Notwendigkeit. Wir Piraten treten für informationelle Selbstbestimmung des Bürgers und generelle Datensparsamkeit ein.

Erweiterung des Briefgeheimnisses zu einem generellen Kommunikationsgeheimnis

In Zeiten der elektronischen Kommunikation muss das Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis an die aktuellen Bedürfnisse der Bürger angepasst werden. Nur so kann die Privatsphäre des Bürgers und die Vertraulichkeit der Kommunikation umfassend geschützt werden. Aus diesem Grunde fordern wir die Ausweitung des Briefgeheimnisses zu einem allgemeinen Kommunikationsgeheimnis.

Förderung von freien Lizenzen in Wissenschaft, Kunst und Kultur (Open Access)

Wissen ist eine der wichtigsten Grundlagen für Wachstum und Wohlstand. Obwohl der Bürger mit seinen Steuern für die Erforschung und Publikation dieses Wissens zahlt, hat er für gewöhnlich keinen Zugriff darauf und muss möglicherweise sogar erneut zahlen, um davon zu profitieren. Diesen Zustand halten wir für untragbar. Wir fordern freien Zugang (Open Access) zu Wissen und Werken, die mit öffentlichen Geldern finanziert wurden und die freie Lizenzierung entsprechender Veröffentlichungen.

Kritische Prüfung der Erhebung und Nutzung biometrischer Daten und Gentests

Die weitreichende Sammlung biometrischer Daten der Bürger sowie deren zentrale Speicherung und Auswertung sind einfach und umfassend möglich. Dadurch entstehen vielfältige Möglichkeiten des Missbrauches dieser besonders sensiblen Daten. Wir fordern eine Beschränkung der Erhebung auf das zwingend notwendige Maß und den Verzicht auf verdachtsunabhängige Speicherung.

Ausbau der Kontrollmöglichkeiten der gespeicherten persönlichen Daten und dadurch Stärkung der informationellen Selbstbestimmung

Über die Bürger werden umfassende Informationen gesammelt, jedoch ist es ihnen oft nicht möglich zu erfahren, wo und wie lange Daten erhoben, verarbeitet oder gespeichert werden. Mit den weiterentwickelten Möglichkeiten der automatischen Datenverarbeitung ist dieser Zustand zunehmend untragbar. Wir stehen deshalb für die informationelle Selbstbestimmung ein, die in einer Informationsgesellschaft unabdingbar geworden ist.

Auflösung zentraler Datensammlungen

Die PIRATEN Thüringen setzen sich für die Auflösung zentraler Datensammlungen des Landes mit personenbezogenen Daten ein. Zentrale Datensammlungen erleichtern die missbräuchliche Verwendung der Daten.

Stärkung der Datenschutzbeauftragten

Die Datenschutzbeauftragten sind eine wichtige Einrichtung beim Umgang mit den Daten der Bürger. Wir treten für eine Stärkung ihrer Position und Ausbau ihrer Kompetenzen, sowie einer Vereinfachung der gesetzlichen Rahmenbedingungen ein, damit sie ihre wachsenden Aufgaben umfassend erfüllen können.

II. Wissensgesellschaft und Kultur

Bildung

Deutschland entwickelt sich momentan von einer Industrie- zu einer Wissensgesellschaft. In einem Land ohne nennenswerte Bodenschätze ist die Bildung aller Generationen das Fundament unserer Gesellschaft. Bildung sichert unseren Lebensstandard und ist die unerlässliche Voraussetzung für eine verantwortungsvolle Teilhabe an unserer Demokratie. Gerade im wichtigen und sensiblen Bildungssektor wird jedoch die finanzielle Ausstattung reduziert. Dadurch wird die Grundlage für unser Gemeinwohl gefährdet. Daher stehen die Piraten für eine umfassende Förderung der Bildung ein.

Allgemeines

Schwerpunkt der Bildungspolitik muss die Gleichwertigkeit der Abschlüsse verschiedener Länder und der Abgleich der Lehrinhalte zwischen den Ländern werden. Der freie Zugang zu öffentlichen Bildungs- und Kulturangeboten und insbesondere die Verhinderung der Studiengebühren sind Ziele unserer Politik. Erforderlich ist eine kritische Überprüfung der Einflussnahme von Interessengruppen auf die Bildung. Die PIRATEN Thüringen streben den lückenlosen Einsatz freier, quelloffener Software im Bildungssektor an.

Vorschulbereich

Kindergärten, Tagesmütter und ähnliche Institutionen frühkindlicher Bildung sind eine professionell unterstützende Ressource für die familiäre Erziehung. Dabei ersetzen sie jedoch nicht die engen Bindungen an die Eltern. Die Institutionen der frühkindlichen Bildung erleichtern später den Übergang der Kinder in die Grundschule und bilden für eine aktive Teilnahme am Unterricht die Basis. Dadurch spielen diese Einrichtungen eine besondere Rolle in der Entwicklung der Kinder und erhöhen ihre späteren Bildungschancen. Der Thüringer Bildungsplan legt fest, welche grundlegenden Fähigkeiten und Fertigkeiten in den Institutionen der frühkindlichen Bildung vermittelt werden sollen. Die Kinder sollen dabei spielerisch Grundkenntnisse in den Bereichen Sprachen, Sport, Rechnen, Schrift und Lesen erlangen. Die natürliche Neugier der Kinder auf neue Umwelten soll dabei ganz bewusst erlebt werden. Alle Kinder sollen die Möglichkeit haben, eine solche Einrichtung kostenfrei zu besuchen, denn nur dann kann auch die Chancengleichheit gewahrt werden. Zusätzlich muss durch das Land Thüringen sichergestellt werden, dass ausreichend Betreuungsplätze in den frühkindlichen Bildungseinrichtungen zur Verfügung stehen, damit das im Thüringer Kindertageseinrichtungsgesetz (ThürKitaG) vereinbarte Wunsch- und Wahlrecht (§4) der Eltern erfüllt werden kann.

Schulen in Thüringen

Unsere Schulen müssen es allen Kindern ermöglichen, erfolgreich einen Schulabschluss zu erreichen. Im Vordergrund stehen hierbei die Kinder und ihre individuellen Fähigkeiten und Fertigkeiten. Dieses Ziel kann durch eine vielfältige Thüringer Schullandschaft erreicht werden. Einen Schwerpunkt stellt hierbei die Schaffung von mehr Ganztagsschulen dar. Sowohl in Primarschulen als auch in der Sekundarstufe eins und zwei bietet ganztägiger Unterricht eine Chance, den Möglichkeiten der Kinder und Jugendlichen neues Wissen zu erwerben gerecht zu werden. Hierfür ist die kostenlose Versorgung aller Kinder mit einem hochwertigen Mittagessen notwendig. Die Unterrichtszeiten, insbesondere der Unterrichtsbeginn, haben sich den biologischen Gegebenheiten der kindlichen Entwicklung anzupassen. Auch die Rhythmisierung des Unterrichts schafft mit der Abkehr vom 45-Minuten-Raster den Kindern neue Möglichkeiten besseren Lernens. Im Stundenplan sollen neben dem Fachunterricht auch Angebote der Schuljugendarbeit, Arbeitsgemeinschaften sowie Kooperationen mit Sport- und anderen Vereinen zum Tragen kommen. Die PIRATEN Thüringen streben eine Schule nach nordeuropäischem Muster an, in der die Kinder nicht selektiert, sondern über ihre gesamte Schulzeit gezielt gefördert werden. Erforderlich sind stabile Klassenstrukturen, die nur durch gemeinsames Lernen von der ersten bis mindestens zur achten Klasse erreicht werden. Hierdurch haben leistungsschwächere Schüler wieder positive Vorbilder in der Klasse. Jahrgangsübergreifender und projektorientierter Unterricht sowie die Nutzung von Kursen bieten Möglichkeiten, das Interesse der Schüler zu steigern und gezielt zu fördern.

Lerninhalte

Das Ziel des Unterrichts ist es die Schüler zu befähigen, sich Informationen zu beschaffen, zu bewerten, zu nutzen und in eigenes Wissen und Können umzusetzen. Hierzu ist es erforderlich die Schüler in die Lage zu versetzen, selbständig zu arbeiten und dabei die Zeit effektiv zu nutzen. Wichtiges Kriterium ist hierbei der kompetente und kritische Umgang mit allen verfügbaren Medien. Diese Medien (u.a. Lehrbücher und Software) sollen dem Schüler auch für das selbständige Lernen außerhalb der Schule kostenfrei zur Verfügung stehen. Durch eine verstärkte Handlungsorientierung muss theoretisches Wissen in praktische Anwendung überführt werden. Nur durch Experimentieren und "Selbermachen" werden auch praktische Fertigkeiten ausgebildet. Zur Umsetzung ist praktischer polytechnischer Unterricht für alle Schüler notwendig. Kurze Praktika mit ein bis zwei Wochen Umfang pro Schuljahr sollen diesen Praxisunterricht ergänzen, können ihn aber keinesfalls ersetzen.

Ethikunterricht

Mittelpunkt des Thüringer Ethikunterrichts ist der freie, selbstbestimmte, verantwortungsbewusste Mensch und sein Wirken und Handeln in der Gesellschaft. Der Unterricht ist wert- und weltanschaulich neutral angelegt, beinhaltet das Leben in der Gemeinschaft und die daraus resultierenden Gegebenheiten, Probleme, Regeln, Normen, Rechte und Pflichten. Einerseits wird Wissen über die Weltreligionen und andere Weltanschauungen vermittelt, andererseits wird über Themen wie Glück und Leid, Liebe und Sexualität, Leben und Sterben, Mensch und Umwelt, Krieg und Frieden, soziale Konflikte sowie die Verantwortung von Medien diskutiert. Dabei wird das eigene kritische Denken und Urteilsvermögen der Schüler gestärkt. Die PIRATEN Thüringen sehen diese Lerninhalte unabhängig von Religionszugehörigkeit und Konfession und fordern daher einen gemeinsamen Ethikunterricht für religiöse sowie nicht-religiöse Schüler. Dieser soll nicht in Wahlkonkurrenz zum Religionsunterricht stehen. Dass religiöse und nicht-religiöse Schüler gemeinsam miteinander statt getrennt nebeneinander diskutieren, fördert den integrativen und diskursiven Charakter des Ethikunterrichts und damit das gegenseitige Verständnis der Schüler.

Aus- und Weiterbildung der Lehrer

Um die vorgenannten Ziele umzusetzen, ist eine moderne und praxisnahe Lehrerausbildung erforderlich. Die für die Arbeit des Lehrers notwendigen Fähigkeiten werden im Studium kaum vermittelt. Heute findet die eigentliche Ausbildung zum Lehrer im Referendariat statt. Es muss ein neues Gleichgewicht zwischen der pädagogischen, der didaktisch-methodischen und der fachwissenschaftlichen Ausbildung gefunden werden. Die Arbeit mit stark leistungsheterogenen Klassen und die hierfür notwendige innere Differenzierung müssen Ausbildungsschwerpunkte werden. Auch die Ausbildung von Fähigkeiten im Umgang mit modernen Medien wie Computer, Internet, Videoprojektor und interaktivem Whiteboard muss verstärkt werden. Dringend notwendig ist eine Steigerung der Qualität der Fortbildungsveranstaltungen und ein Ausbau des Angebotes an postgradualen Studiengängen für Lehrer. Wir fordern eine Weiterbildungsoffensive für den Kurs Medienkunde, da die Umsetzung an vielen Schulen nicht abgesichert ist.

Schulorganisation

Die Schulkonferenz als gewählte Vertretung der Schüler, Eltern und Lehrer muss gestärkt werden. Hierfür ist die Abschaffung undemokratischer und teurer Schulämter sinnvoll. Ihre eigentliche Funktion als Dienstleister für die Schulen ist nicht mehr gegeben. Nahezu alle ihre Aufgaben können die eigenverantwortlichen Schulen selbst leisten. Verbleibende Aufgaben wie Lehrerlenkung und Koordination der Evaluierung kann das zuständige Landesministerium übernehmen. Die Bezahlung der Lehrer soll unabhängig von der Schulform erfolgen. Die unterschiedliche Einstufung der Grundschul-, Regelschul- sowie der Gymnasiallehrer in Gehaltsgruppen muss beendet werden. Hierfür gibt es keinerlei nachvollziehbare Gründe.

Inklusion

Zur Durchführung gemeinsamen Unterrichts von Schülern verschiedener Leistungsniveaus müssen die erforderlichen Bedingungen geschaffen werden. Um Schüler vom Niveau der Förderschule bis zum Realschulabschluss oder Abitur gemeinsam zu unterrichten, ist es absolut notwendig die Anzahl der Schüler pro Lehrer zu reduzieren. Dies kann entweder durch kleinere Klassen oder durch den Einsatz mehrerer Lehrer in einer Klasse erreicht werden. Nur so kann die notwendige Förderung leistungsschwacher und zugleich leistungsstarker Schüler sichergestellt werden.

Erwachsenenbildung

Lernen ist ein lebenslanger Prozess, dem Rechnung getragen werden muss. Dafür ist es notwendig, Freiräume und Angebote zu schaffen, um in jedem Lebensabschnitt an Bildung zu partizipieren. Bildungsangebote sollen dabei finanziell und zeitlich keine großen Hürden der Teilhabe aufweisen. Die PIRATEN Thüringen fordern attraktive und bezahlbare Bildungsangebote für alle Bürger. Die Bildungsangebote sind so zu gestalten, dass sie auch von Arbeitnehmern und Rentnern wahrgenommen werden können.

Freie Lehrmittel

Die PIRATEN Thüringen setzen sich für die Erarbeitung von freien Lehr- und Arbeitsmitteln für Kindertagesstätten, Schulen und die Erwachsenenbildung ein. Eine Reform des Urheberrechtsparagraphen § 53 "Vervielfältigungen zum privaten und sonstigen eigenen Gebrauch" des Urheberrechtes ist notwendig. § 53, Absatz 3 ist dahingehend zu ändern, dass das Anfertigen von Vervielfältigungsstücken in analoger und digitaler Form von Teilen eines Werkes, von Werken von geringem Umfang oder von einzelnen Beiträgen, die in Zeitungen oder Zeitschriften erschienen oder öffentlich zugänglich gemacht worden sind, für Schulen, nichtgewerbliche Einrichtungen der Aus- und Weiterbildung sowie in Einrichtungen der Berufsbildung und Hochschulen und dem wissenschaftlichen Gebrauch zulässig ist.

Universitäten und Hochschulen

Thüringen ist Wissenschaftsstandort. Die verschiedenen Hochschulen und Forschungseinrichtungen sind Orte der geistigen Begegnung und Impulsgeber für Thüringen. Davon profitiert auch die Wirtschaft: durch Anregungen aus Wissenschaft und Forschung können gemeinsame Innovationen in Markterfolge übersetzt werden. Damit dies weiter so bleibt, muss eine engere Vernetzung der verschiedenen Hochschulstandorte innerhalb und außerhalb Thüringens und auch weltweit weiter vorangetrieben werden. Die PIRATEN Thüringen stehen für einen gleichen, freien und unentgeltlichen Zugang zu allen öffentlichen Hochschuleinrichtungen ein.

Unabhängigkeit von Forschung und Lehre

Die PIRATEN Thüringen setzen sich für die Bewahrung der Hochschulautonomie ein. Nur mit dieser Autonomie ist die Freiheit in Forschung und Lehre und die damit verbundene Vielfalt der Thüringer Hochschullandschaft möglich. Forschung und Lehre an staatlichen Hochschulen ist eine hoheitliche Aufgabe und kein kommerzielles Geschäft. Dennoch nimmt die private Drittmittelfinanzierung unserer Hochschulen immer weiter zu, und Drittmittel-Aquise ist eine gängige Anforderung bei der Ausschreibung von Professoren-Stellen. Nicht nur soll dies abgeschafft werden, auch die Drittmittel selbst sollen durch Quoten begrenzt werden. Weiterhin sollen keine Vertreter der Privatwirtschaft in Hochschulgremien sitzen. Auch beim Einsatz von Software soll Unabhängigkeit von kommerziellen Interessen hergestellt werden. Aus diesem Grund soll im Hochschulbetrieb wo immer möglich freie Software eingesetzt werden, sofern es die Freiheit von Forschung und Lehre nicht beschneidet.

Open Access in der Forschung

Forschung an öffentlichen Hochschulen wird vom Staat finanziert. Dennoch sind diese Forschungsergebnisse meist nur einem beschränkten Kreis von Leuten zugänglich, die Teil einer entsprechenden akademischen Institution sind. Für die Öffentlichkeit sind wissenschaftliche Texte meist hinter unüberwindbaren Pay-Walls verborgen. Grund dafür sind die wirtschaftlichen Interessen der eigentlich bereits obsolet gewordenen Wissenschaftsverlage, denen sich der Forschungsbetrieb derzeit aufgrund von Impact-Ratings und ähnlichem leider nicht entziehen kann. Aus diesem Grund müssen Open-Access-Publikationen, welche für jedermann frei zugänglich sind, stetig gefördert werden. Zu diesem Zweck sollen Fördertöpfe gebildet werden, um Open-Access-Journale und Wissenschaftler, welche in solchen Journalen publizieren, zu bezuschussen.

Keine Studiengebühren und Freier Zugang zu Hochschulbildung, Recht auf Masterplatz

Wir lehnen sowohl Studiengebühren als auch versteckte Gebühren über Verwaltungskostenbeiträge ab. Förderung durch Dritte soll eine Ergänzung, nicht aber der Regelfall werden. Das BAföG soll so geändert werden, dass auch Studierende, welche älter als dreißig Jahre sind, diese Förderung in Anspruch nehmen können. Ebenso soll das BAföG elternunabhängig gestaltet werden. Studenten, die ein Studium beginnen, sollten weiterhin das Recht haben, dieses im Fall ausreichender Leistungen zu beenden. Aus diesem Grund soll jedem Studierenden, der ein Bachelor-Studium an einer Hochschule beginnt, ein Platz in einem konsekutiven Masterstudiengang der selben Hochschule garantiert sein. Bei der Auswahl der Bewerber soll maximale Chanchengleichheit gelten. Aus diesem Grund ist insbesondere der Numerus Clausus für zulassungsbeschränkte Studiengänge zu kritisieren. Stattdessen sollen die Hochschulen eigene, von Abschlussnoten unabhängige, Bewerbungsverfahren etablieren.

Mitbestimmung innerhalb der Hochschule

Die Kommunikation mit den studentischen Gremien ist sehr wichtig, um zu erfahren, welche Wünsche und Nöte die Studierendenschaft hat. Hierzu bedarf es in allererster Linie einer verbesserten Wahrnehmung, Kommunikation und Einbeziehung der studentischen Gremien an allen Fakultäten sowie den Hochschulen selbst. Die studentischen Gremien und ihre Anliegen müssen ernster genommen und ihren Belangen hinreichend Aufmerksamkeit geschenkt werden. Wir setzen uns für eine ausgewogene und faire Mitbestimmung aller an den Hochschulen vertretenen Gruppen ein. Bei der Neuakkreditierung von Studiengängen ist es vor allem auch wichtig, auf die Erfahrungen der Studierendenschaft zurückzugreifen und dieser ebenfalls ein Stimmrecht einzuräumen. Ferner wird die Zusammensetzung der Gremien durch das Hochschulrahmengesetz und indirekt durch das Grundgesetz geregelt. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahre 1973 gilt es hierbei zu beachten. In diesem wird festgestellt, dass eine Mehrheit der Professoren in entscheidenden Gremien durch das Grundgesetz gefordert wird, um die Freiheit in Forschung und Lehre zu garantieren. Aus diesem Grund ist es wichtig, die aktuell in Thüringen existierenden Hochschulräte in der Mehrheit (mind. 60%) mit hochschulinternen Mitgliedern zu besetzen. Außerdem müssen studentische Mitglieder des Gremiums auch ein Stimmrecht zugeteilt bekommen. Des Weiteren müssen alle Hochschulräte transparent über ihre Sitzungen und Entscheidungen berichten.

Förderung von E-Learning und Aufzeichnung sowie Onlinestellen der Vorlesungen

Schon seit einigen Jahren bieten manche Professoren ihre Vorlesungen im Internet als “E-Lectures” an. So können Studenten bequem von überall die Vorlesungen anschauen und wiederholen. Die notwendige Technik ist in vielen Hörsälen bereits vorhanden, wird aber leider nicht genutzt. Das Land Thüringen kann hierzu einen wertvollen Beitrag leisten, indem es Serverkapazität und Datenbänke für die aufgenommenen Vorlesungen bereitstellt.

Kultur

Kulturentwicklung

Eine wichtige Aufgabe des Landes ist die Planung und Förderung einer Kulturentwicklung mit größtmöglicher Spannweite. Die kulturelle Bildung des Menschen dauert ein Leben lang an und deshalb sollte eine Beteiligung und Mitwirkung eines jeden Bürgers in jedem Altersabschnitt unterstützt werden. Die in Thüringen noch vorhandene kulturelle Infrastruktur gilt es zu erhalten und kontinuierlich auszubauen. Die PIRATEN Thüringen fordern die Bereitstellung der erforderlichen Ressourcen und Fördermittel für alle Kunst- und Kultursparten, um eine umfassende und langfristige Weiterentwicklung gewährleisten zu können. Sämtliche Kultureinrichtungen sollten für alle Gesellschaftsschichten offenstehen, wobei ausschließlich öffentlich finanzierte Einrichtungen durch gestaffelte Eintrittspreise, beziehungsweise durch kostenfreien Zugang, den Besuch aller Menschen zu ermöglichen haben.

Förderung von Nachwuchskünstlern und Laiengruppen

Vielerorts gibt es Nachwuchsmusiker, Laiengruppen und andere kreativ sehr engagierte Menschen. Selten werden für solche Projekte staatliche Förderungen bereitgestellt. Die PIRATEN Thüringen fordern neben der Einrichtung finanzieller Budgets weitere Unterstützung von staatlicher und kommunaler Seite, auch in Form von Proberäumen und Präsentationsflächen.

Digitale Kultur

Die digitale Revolution bewirkt eine große Veränderung der Lebenswelt vieler Bürger. Eine kosteneffiziente und bürgernahe Verwaltung wird durch die neuen Medien schnell und effektiv möglich. Wir Piraten treten für eine umfassende Nutzung dieses modernen Werkzeugs der Mitbestimmung ein, ohne die künstlichen Schranken proprietärer Produkte. Die Chancen der modernen Medien und freier Lizenzen sollten auch die öffentlichen Rundfunkanstalten erreichen.

Weiterentwicklung der eGovernment-Angebote des Landes

Wir Bürger können die Verwaltungsvorgänge der öffentlichen Hand elektronisch einreichen und erledigen. Jedoch bestehen weiterhin Zugangshürden, um dies breit zu nutzen. Wir fordern eine Aufklärung der Bürger über die Möglichkeiten, Nutzung offener Standards und Protokolle sowie eine kostengünstige qualifizierte elektronische Signatur.

Freie Lizenzen für Produktionen der öffentlichen Rundfunkanstalten

Wir Bürger finanzieren den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, haben jedoch nicht das Recht, die Inhalte frei zu nutzen. Wir fordern den freien Zugang auf die produzierten Inhalte und die langfristige Verfügbarkeit der Beiträge.

Einsatz freier und quelloffener Software und Standards in öffentlichen Stellen

Ein hoher Anteil des heutigen Wissens liegt in digitaler Form vor. Der Einsatz proprietärer Dateiformate, zum Beispiel bei Bürosoftware, gefährdet die Lesbarkeit dieser Daten in der Zukunft. Offene Standards schaffen hier Abhilfe, um das Wissen dieser und vergangener Generationen vor dem digitalen Vergessen zu bewahren. In öffentlichen Stellen wird meist proprietäre Software eingesetzt. Dies führt dazu, dass die Arbeitsfähigkeit der Verwaltung und anderer Einrichtungen von einzelnen Firmen abhängig ist. Mit dem Einsatz freier Software wird die öffentliche Hand unabhängig von der Weiterführung proprietärer Softwareprodukte. Wir fordern den umfassenden Einsatz freier Software und freier Formate in öffentlichen Stellen.

Förderung von Beratungsangeboten (Internet-Kompetenz, Online-Sucht, Datenschutz, anonymes Surfen, Computerkriminalität)

Die Möglichkeiten der Informationsgesellschaft erfordern hohe Kompetenz im Umgang mit persönlichen Daten und den neuen Medien. Vielfältige Nutzungsmöglichkeiten erschließen sich durch die Verknüpfung von im Netz vorhandenen Informationen. Über Gefahren für die Privatsphäre muss mit öffentlichen Beratungsangeboten und Schulungen aufgeklärt und informiert werden. Diese Angebote sind insbesondere für Kinder, Eltern und Lehrer zu schaffen. Wir fordern den Ausbau der Beratungsangebote, um vermehrt Aufklärungsarbeit über die Auswirkungen der Informationsgesellschaft leisten zu können.

Ausbau des Onlineangebots der öffentlichen Rundfunkanstalten

Der öffentliche Rundfunk wird nach und nach von den neuen Medien ergänzt und verdrängt. Das Onlineangebot der öffentlich-rechtlichen Anstalten wurde durch Interesse privater Medienanstalten gesetzlich stark eingeschränkt. Wir fordern, das Onlineangebot der öffentlich-rechtlichen Anstalten wieder auszubauen.

Teilhabe am digitalen Leben - Zugang zur digitalen Kommunikation

Die Kommunikation über digitale Netzwerke wie das Internet, hat bereits einen hohen Stellenwert und gewinnt immer weiter an Bedeutung. Ohne die Möglichkeit zur Teilhabe ist weder echte Meinungsfreiheit noch die freie Entfaltung der Persönlichkeit möglich. Eine Diskriminierung, insbesondere des ländlichen Raums durch die fehlende Bereitstellung zeitgemäß angemessener Breitbandinfrastruktur, kann nicht länger hingenommen werden. Daher setzen sich die Piraten für eine schnelle Einführung eines Breitbanduniversaldienstes mit aktuell mindestens 6 MBit/s ein. Dieser Wert ist regelmäßig dem Stand der Technik anzupassen.

III. Solidargemeinschaft

Kinder, Jugend und Familie

Vereinbarkeit von Familie und Beruf

Die PIRATEN Thüringen setzen sich für eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf ein. Die folgenden möglichen Maßnahmen zur Verbesserung sorgen nicht nur für Chancengleichheit, sondern bieten den Unternehmen nachweisbare Vorteile durch ein familienfreundliches Betriebsklima. Dabei sind die Berücksichtigung und Akzeptanz der familiären Verpflichtungen ein Merkmal für ein familienfreundliches Unternehmensklima. Wichtig hierbei ist nicht nur die Haltung der Unternehmensleitung, sondern auch die der Kollegen. Familienfreundliche Maßnahmen müssen keineswegs kostenintensiv sein. Wichtiger ist vielmehr, die Arbeitsbedingungen den Erfordernissen genau anzupassen.

Möglichkeit zur Reduzierung der Arbeitszeit

Teilzeitangebote erleichtern entsprechend die Vereinbarkeit von Beruf und privater Zeitverwendung. Bei den Vereinbarungen über Umfang und Verteilung der Arbeitszeiten muss berücksichtigt werden, welchen zeitlichen Spielraum die Beschäftigten haben. So sind gerade Beschäftigte mit Kindern häufig auf planbare Arbeitszeiten angewiesen.

Flexibilität im Tagesablauf

Gleitzeitregelungen erlauben den Beschäftigten, Beginn und Ende ihrer täglichen Arbeitszeit innerhalb eines vereinbarten zeitlichen Rahmens selbst zu bestimmen. Durch höhere Entscheidungsfreiräume und persönliche Flexibilität, kann beruflicher und familiärer Zeitbedarf besser abgestimmt werden. Freie Pausenregelungen erhöhen auch die Zeitsouveränität.

Berücksichtigung familiärer Zeitbedarfe

Wenn Eltern in den Ferienzeiten arbeiten, ergibt sich ein zusätzliches Betreuungsproblem. Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie kann, durch die Berücksichtigung der Schulferien bei der betrieblichen Urlaubsplanung, gefördert werden. Während eine Urlaubsplanung in vielen Betrieben jährlich geplant wird und man sich schon frühzeitig über Urlaubswünsche abstimmt, ist in familiären Notfallsituationen oftmals eine kurzfristige Freistellung der Beschäftigten notwendig. Familienfreundliche Lösungen bestehen zum Beispiel in einer unbezahlten Freistellung als Sonderurlaub oder einer bezahlten Freistellung als Zusatzurlaub. Einen besonderen Vorteil für Familien bieten Regelungen, wie die Kinderbonuszeit, bei denen Beschäftigten mit Kind zusätzliche Freistunden oder Tage gutgeschrieben werden.

Arbeit von zu Hause

Heimarbeit bietet gute Möglichkeiten, sich die Arbeitszeiten flexibel einzuteilen – und damit verbesserte Chancen für die Vereinbarkeit von familiären und beruflichen Interessen.

Reform der steuerbasierten Familienförderung

Momentan kommen nur verheiratete Ehepaare in den Genuss des Ehegattensplittings. Es war ursprünglich zur Förderung von Familien mit Kindern gedacht, in denen nur einer der Ehepartner ein Einkommen hatte und der andere sich ausschließlich um das Unternehmen Familie kümmerte. Diese Form der Familienförderung ist nicht mehr zeitgemäß. Die typische Familie mit Kindern wird heute nicht mehr von einem verschiedengeschlechtlichen Ehepaar organisiert und unterhalten, bei dem genau ein Partner das Geld verdient. Familiengebilde, bei denen ein Elternteil allein die Kinder erzieht oder ein gleichgeschlechtliches Paar gemeinsam Kinder aus einer heterosexuellen Vorbeziehung oder adoptierte Kinder erzieht, sind heute genauso normal wie die klassische Familie mit Kindern, für die das Splitting erfunden wurde. Alleinerziehende oder gleichgeschlechtliche Kindererzieher aus eingetragenen Lebenspartnerschaften kommen im Gegensatz zu verheirateten Eltern nicht in den Genuss des Ehegattensplittings. Dafür profitieren Ehepaare von diesem Splitting selbst dann, wenn sie gar keine Kinder haben. Dies trifft insbesondere dann zu, wenn beide verdienen. Diese Kinderlosen profitieren später von den Rentenbeiträgen, die die Kinder anderer für sie aufbringen. Die Steuervorteile, wie sie momentan das Ehegattensplitting für verschiedengeschlechtliche Verheiratete darstellt, sollen daher zukünftig allen Familienvorständen gewährt werden, sobald der entsprechende Vorstand gemeinsam für ein erstes Kind aufkommen muss. Dies muss unabhängig davon sein, ob dieser Vorstand aus nur einer alleinerziehenden Person oder einem heterosexuell verheirateten oder homosexuellen Paar besteht. Vorher sollten die Mitglieder des entsprechenden Familienvorstandes grundsätzlich, also auch wenn sie klassisch verheiratet sind, steuerlich so behandelt werden, wie das heute unverheiratete Eltern werden. Die Steuervergünstigung für die Mitglieder des Familienvorstandes soll enden, sobald sie jeweils keinem Kind mehr gegenüber Unterhaltspflichtig sind. Um den Widerstand gegenüber einer solchen Neuregelung zu mindern und um finanzielle Härten zu vermeiden, soll Paaren, die vor der Einführung dieser Neuregelung bereits verheiratet waren, Bestandsschutz gewährt werden. Die vermutlich deutlichen Einsparungen die durch diese Neuregelung erzielt werden, sollen zum Abbau von Defiziten im Bereich Familenförderung und Bildung eingesetzt werden.

Kinderfreundliche Verkehrsplanung

Die PIRATEN Thüringen fordern, wirksame Schutzmaßnahmen für die Kinder bei der Verkehrsplanung vorzunehmen. Um Kinderunfälle wirksam zu vermeiden, muss der von Kindern mitbenutzte Straßenraum durch bauliche und technische Maßnahmen „kindersicher” angepasst werden. Dadurch können sich Kinder ohne große Risiken in diesem Verkehrsraum bewegen. Leider gelten heutzutage bei der Stadtplanung meist andere Prioritäten, die den Interessen von Kindern häufig zuwiderlaufen. Verkehrsplaner berücksichtigen viel zu selten die entwicklungsbedingten Grenzen der Verkehrsteilnahme von Kindern. Zu einer kinderfreundlichen Verkehrsplanung und -regelung gehören folgende Elemente:

  • Geschwindigkeitsreduzierung von Tempo 50 auf Tempo 30 in Städten und Gemeinden an Gefahrenstellen, Kindergärten, Schulen und Spielplätzen- auch auf Hauptstraßen, die Wohn- oder Schulgebiete durchqueren.
  • Damit Kinder wieder ohne Gefahr auf der Straße spielen können, sollten in Wohngebieten verstärkt verkehrsberuhigte Bereiche eingerichtet werden.
  • Kinderfreundliche Parkraumbewirtschaftung in Wohn-, Schul- und Einkaufsgebieten.
  • Kinderfreundliche Querungshilfen: Ampelgeregelte Fußgängerüberwege stellen nach Unter- und Überführungen die sicherste Überquerungshilfe für Kinder dar und sind somit einem Zebrastreifen oder einer Mittelinsel vorzuziehen. Damit sie aber eine optimale Kindersicherheit bieten, müssen sie folgende Kriterien erfüllen:
    1. Der abbiegende Verkehr (Links- und Rechtsabbieger) sollte nicht gleichzeitig mit den überquerenden Fußgängern und Radfahrern „GRÜN” haben.
    2. Die Überquerung der gesamten Fahrbahn sollte in einem Durchgang möglich sein, denn das Warten auf Mittelinseln ist für Kinder sehr ungünstig, da sie oft bei „ROT” weitergehen.
    3. Die Grünphase muss ausreichend lang sein, damit Kinder noch Zeit haben, nach beiden Seiten zu schauen.
    4. Die Wartezeit bis zur Grünphase darf nicht zu lang sein, denn Kinder haben nur wenig Geduld.
    5. Die Überwege sollten nicht zu weit entfernt sein, denn Kinder akzeptieren keine großen Umwege.
    6. Druckampeln sollten mit Bildern gut als solche gekennzeichnet werden, denn Kinder übersehen oft den Druckknopf für Erwachsene.
  • Kinderfreundliche Haltestellen für Busse und Straßenbahnen: Haltestellen sollten ein sicheres Ein- und Aussteigen für Kinder ermöglichen. Sie sollten übersichtlich sein und eine ausreichend große Wartefläche aufweisen, damit die Kinder nicht aus Platzmangel auf die Fahrbahn treten müssen.

Arbeit und Soziales

Menschenwürde

Die PIRATEN Thüringen setzen sich für eine Vereinfachung der Verfahren, bei konsequenter Achtung der Menschenwürde und der Privatsphäre, beim Erhalt staatlicher Unterstützung ein.

Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes

Die PIRATEN Thüringen setzen sich dafür ein, dass das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz geändert wird: Arbeitnehmer, die anderen Betrieben überlassen werden, sollen für diese Flexibilität und die geringere Arbeitsplatzsicherheit einen Zuschlag auf die Entlohnung gegenüber den Festangestellten bekommen. Findet die für diese Arbeit übliche Entlohnung nach Tarifvertrag statt, soll der Zuschlag zum Tariflohn für die überlassenen Arbeitnehmer durch die Tarifpartner vereinbart werden. Für Bereiche, in denen keine Tarifverträge existieren, sind mindestens um 15% höhere Bezüge gegenüber den Festangestellten gleicher Qualifikation und Tätigkeit zu zahlen.

Gesundheit und Suchtpolitik

Solidarische Gesundheitspolitik

Die PIRATEN Thüringen fordern eine solidarische Gesundheitspolitik. Die Gesundheit des Menschen soll nicht länger als Ware gesehen werden. Eine gute Gesundheitsversorgung ist für uns Piraten neben gleichen Bildungschancen der Maßstab für die Stärke unseres Gemeinwesens, welches die Teilhabe für alle garantieren muss. Ein gerechter und einheitlicher Zugang zu qualitativ hochwertiger Gesundheitsversorgung und Prävention für alle Menschen sind dafür zentrale Voraussetzungen. Die PIRATEN Thüringen lehnen deshalb die Zwei-Klassen-Medizin vehement ab und setzen sich für eine solidarische Gesundheitspolitik ein.

Qualität statt Quantität

Qualität soll in der gesundheitlichen Versorgung stärker sichtbar und bei der Honorierung berücksichtigt werden. Durch anonymisierte Informationen zur Behandlungsqualität werden die Patienten besser in die Lage versetzt, den für sie geeigneten medizinischen Dienst auszuwählen. Durch neue Vergütungsstrukturen im Zuge einer Honorarreform können zudem mehr Anreize für Qualitätsverbesserungen und eine bessere Versorgung in strukturschwachen Regionen geschaffen werden. Dabei sollen nicht einzelne medizinische Werte, sondern der gesamte Gesundheitsnutzen für die Patienten stärker honoriert werden.

Transparenz und Korruptionsbekämpfung

Medikamente sollen Menschen helfen. Damit nachvollzogen werden kann, welche Unterschiede es zu vermeintlich gleichen Medikamenten gibt, setzen sich die PIRATEN Thüringen für die Bereitstellung transparenter Informationen über Qualitäts- und Leistungsunterschiede ein. Unabhängige Arzneimittelforschung kann nur gewährleistet werden, wenn die Qualität der Gesundheitsversorgung nicht von Patentanwälten bestimmt wird. Zudem sollen alle Studien über Medikamente und deren Wirkung veröffentlicht werden.

Ablehnung der elektronischen Gesundheitskarte (eGK)

Die PIRATEN Thüringen sprechen sich gegen die Einführung der elektronischen Gesundheitskarte (eGK) aus. Die eGK ist ein überflüssiges und zudem teures IT-Projekt, das keinen Mehrwert für Versicherte, Patienten und Ärzte bringt, aber durch das fragwürdige Konzept einer zentralen Speicherung sensibler Patientendaten mit enormen Risiken eines Datenmissbrauchs verbunden ist. Die geplante Ausweitung von Kartenfunktionen über das derzeitige Maß der Verwaltung von Versichertendaten hinaus, gefährdet die informationelle Selbstbestimmung der Patienten, leistet staatlichen Kontroll- und Überwachungstendenzen Vorschub und führt durch die Verquickung mit unter Umständen kostenpflichtigen Angeboten und "Mehrwertdiensten" zu einer noch stärkeren Kommerzialisierung des Gesundheitswesens. Die Einführung der eGK erhöht überdies den Verwaltungsaufwand und die Bürokratie in Arztpraxen beträchtlich und entzieht Patienten und Ärzten wertvolle Zeit für Gespräch, Aufklärung und Behandlung.

Freiheitliche und verantwortliche Drogenpolitik in Thüringen

Art. 2 Abs.1 des Grundgesetzes sichert jedem Bürger der Bundesrepublik Deutschland das "Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit" zu, soweit er damit nicht die Rechte anderer verletzt. In diesem Sinne sollte jeder Bürger frei darüber entscheiden können, ob, in welcher Weise und mit welchen Hilfsmitteln man sein Alltagsbewusstsein verändert oder erweitert und zu welchem Zweck dies geschieht. Es gibt keinen Grund, einem Menschen dieses natürliche "Recht auf Rausch" abzusprechen, soweit dieses Recht selbstverantwortlich und in freier Entscheidung wahrgenommen wird. Trotz des Vorstoßes verschiedener Gerichte im Sinne einer größeren Toleranz erging am 9. März 1994 das so genannte "Cannabis-Urteil" des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 90, 145), das ein "Recht auf Rausch" verneint und den Vorrang von Strafvorschriften im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG) betont. Die Diskrepanz zur Freiheit des Einzelnen über sein Leben, seinen Körper und die Art und Weise, sich selbst und die Welt wahrzunehmen selbst zu entscheiden, ist offensichtlich. Unabhängig davon ist seit langem bekannt, dass Verbote und Strafandrohungen in diesem Bereich zu kontraproduktiven Auswirkungen führen, insbesondere die anhaltende Kriminalisierung von ansonsten unbescholtenen Konsumenten, die Unterstützung des organisierten Verbrechens, der Verlust der Kontrolle über Handel, Geldfluss und Substanzreinheit sowie sozial schädliche Nebeneffekte wie Drogenkriminalität, Beschaffungsprostitution, Geldwäsche u.a. Trotz dieser für jeden Menschen nachvollziehbaren Argumentation zugunsten der persönlichen Freiheit existieren eine Vielzahl von Problemen, die mit einem möglichst freien Umgang mit Drogen einhergehen und nicht einfach ignoriert werden können. Aufgrund der Komplexität und vielfältiger moralischer, ideologischer oder religiöser Einstellungen zu diesem Thema ist die Gesellschaft in dieser Hinsicht stark gespalten. Der gesellschaftliche Kontext, in dem heutzutage Drogen eingenommen werden, hat sich im Vergleich zu früheren Zeiten stark geändert. Während früher Drogen oft in einem rituellen, bewusstseinserweiternden oder religiösen Kontext eingenommen wurden, stehen heute Stimmungsveränderung und Unterhaltung im Vordergrund. Dies geht oft mit Unwissen, Leichtfertigkeit, Verantwortungslosigkeit, Suchtverhalten und Selbstschädigung einher. Die Zahl der chemisch gewonnenen oder synthetisierten Substanzen ist mittlerweile unüberschaubar geworden. Die Grenzen zu ansonsten im Umlauf befindlichen Substanzen und Produkten, insbesondere zu Medikamenten (Psychopharmaka, Schmerzmittel, Amphetaminen, Narkotika, Antidepressiva), aber auch zu Aphrodisiaka, Kräutern, Rauchmischungen usw. sind fließend und kaum noch zu ziehen. Ein (selbst-)verantwortlicher Umgang mit Drogen ist insbesondere bei Kindern und Jugendlichen, aber auch bei gesellschaftlichen Randgruppen, Minderheiten, geistig Behinderten usw. nicht von vornherein gegeben. Manche Substanzen (insbesondere Morphinderivate) sind für Heranwachsende extrem schädlich. Eine grundsätzliche Freigabe aller Drogen, wie sie teilweise gefordert wird, lehnen die PIRATEN Thüringen daher zum gegenwärtigen Zeitpunkt ab. Den Weg zu einer modernen, zukunftsorientierten und freiheitlichen Drogenpolitik verstehen die PIRATEN Thüringen als einen gesamtgesellschaftlichen Prozess, der Zeit, sachliche Auseinandersetzung und eine demokratische Willensbildung unter Einbeziehung möglichst vieler Bürger erfordert. Dazu sehen wir folgende Schritte als notwendig und erfolgversprechend an:

  • Klärung der derzeitigen Thüringer Handhabung der Eigenbedarfsregelung: Einforderung der Festlegung einer Eigenbedarfsmenge in Thüringen gemäß §31 BtMG und Vereinheitlichung der Vorgehensweise der Thüringer Staatsanwaltschaften.
  • Forderung einer allgemeinen gesetzlichen Regelung zur Straffreiheit von Mindermengen zum Eigenbedarf: Aus der derzeitigen Kann-Bestimmung sollte möglichst schnell eine bindende gesetzliche Regelung werden, mit der die Kriminalisierung von Konsumenten aufhört. Ist dieses Ziel bundespolitisch nicht zu erreichen, sollte Thüringen diese gesetzliche Regelung im Alleingang für das Bundesland schaffen.
  • Perspektivisch einzelne Drogen und Substanzen freigeben: Die PIRATEN Thüringen setzen sich dafür ein, perspektivisch bestimmte Drogen gänzlich aus dem strikten Verbot des BtMG herauszunehmen und reguliert freizugeben. Der Handel dieser freigegebenen Pflanzen, Produkte und Substanzen sollte unter staatlicher Kontrolle erfolgen; Gewinne sind sinnvoll in Information, Aufklärung, Suchtbehandlung usw. zu investieren. Der Besitz zum Zwecke des Eigenbedarfs und Konsums wird straffrei gestellt. Dafür sind ergänzende Vorschriften zu schaffen (Verkauf, Preise, Angebot, Substanzproduktion und -reinheit, Konsumverbot im Straßenverkehr usw.). Diese Freigabe wird in ihren Auswirkungen auf die Gesellschaft (Gesundheitskosten, Jugend, Kriminalität usw.) nach einer bestimmten Zeit von unabhängiger wissenschaftlicher Seite evaluiert. Fällt diese Evaluation positiv aus, fordern wir
  • langfristig eine grundlegende Überarbeitung und Neufassung der Drogengesetzgebung, wobei die Freigabe der meisten diesbezüglichen Substanzen in Betracht gezogen werden soll. Dabei muss es weiterhin die Möglichkeit geben, bestimmte Substanzen aufgrund ihrer gesundheitsschädigenden, manipulierenden oder suchterzeugenden Wirkung oder anderen gesellschaftlichen Aspekten zu verbieten. Da die PIRATEN Thüringen klar für direkte Demokratie und mehr Bürgerbeteiligung eintreten, wäre zu diesem Zeitpunkt auch ein Volksentscheid in Betracht zu ziehen.

Migration und Integration

Das Ziel von Integration ist die Inklusion, das friedliche Zusammenwachsen zu einer Gemeinschaft, in der die demokratische, kulturelle und wirtschaftliche Teilhabe jedes Einzelnen nicht von Herkunft, Geschlecht, sexueller Identität, Lebensalter, religiöser Überzeugung, körperlichen und geistigen Fähigkeiten oder finanzieller Lage abhängt. Die Verantwortung für Gelingen oder Scheitern dieses Prozesses obliegt der Gesamtheit unserer Gesellschaft und damit jedem Einzelnen. Solidarität und Verständigung zwischen allen Menschen, unabhängig von ihrem rechtlichen Status und ihrer Herkunft, sind für uns ein hohes Gut. Rassismus jeder Art und andere Formen der Ausgrenzung lehnen wir ab.

Freizügigkeit

Die im Grundgesetz verankerte Freizügigkeit soll für alle Menschen in unserer Gesellschaft gelten. Jeder hat das Recht zur freien Wahl des Wohn- und Aufenthaltsortes. Daher sprechen wir uns gegen Maßnahmen aus, die Migration verhindern.

Demokratische Beteiligung

Menschen sollen an Entscheidungen, von deren Folgen sie unmittelbar betroffen sind, und den vorbereitenden demokratischen Prozessen, möglichst umfassend beteiligt werden. Deshalb haben alle Menschen, die ihren Lebensmittelpunkt in Thüringen haben, das Recht auf umfassende demokratische Mitbestimmung auf allen Ebenen der städtischen Politik. Darüber hinaus ist die Möglichkeit des Erwerbs der deutschen Staatsangehörigkeit deutlich zu erleichtern. Der Erwerb der Staatsangehörigkeit durch Geburt in Deutschland ist anzustreben. So wird das Wahlrecht auch auf Landes- und Bundesebene ermöglicht.

Freier Zugang zu Bildung und Wissen

Der freie Zugang zu Informationen, Wissen und Bildung ist Grundlage für die Teilhabe jedes Einzelnen an unserer Gesellschaft. Dieser Zugang ist für alle Menschen, die in Thüringen ihren Lebensmittelpunkt haben, gleichermaßen zu gewährleisten. Hierfür sind eventuelle Hindernisse wie Ausbildungsverbote für Asylsuchende und der Status als geduldeter Flüchtlinge zu beseitigen. Das Beherrschen der deutschen Sprache ist eine Schlüsselqualifikation für Austausch, Verständigung und demokratische Beteiligung. Mehrsprachigkeit ist jedoch ein zusätzlicher Gewinn für die Gesellschaft. Daher sind im Bildungssystem der Spracherwerb in der jeweiligen Erstsprache und in weiteren Sprachen zu fördern. Außerdem sind umfangreiche Möglichkeiten für einen mehrsprachigen Unterricht zu schaffen. In öffentlich finanzierten Einrichtungen sollte der kostenfreie Zugang zu traditionellen und neuen Medien gewährleistet werden. Dies gilt auch für die so genannten Erstaufnahmeeinrichtungen.

Zugang zum Arbeitsmarkt

Die Beteiligung am sozialen und kulturellen Leben steht und fällt mit der Möglichkeit, sich im Arbeits- und Wirtschaftsleben zu etablieren. Daher setzen wir uns für einen gleichberechtigten Zugang zum Arbeitsmarkt ein. Dies schließt die Gewährung einer uneingeschränkten Arbeitserlaubnis für Asylsuchende und geduldete Flüchtlinge sowie die weiterreichende Anerkennung von Qualifikationsnachweisen aus dem Heimatland mit ein.

IV. Lebenswerte Umwelt

Umwelt und Infrastruktur

Die Piratenpartei steht für das Prinzip der Nachhaltigkeit ein. Wir verstehen darunter die Veränderung der heutigen Verhältnisse hin zu einer zukunftsfähigen Gesellschaft. Grundlage dafür ist ein transparenter und verantwortungsvoller Umgang mit den natürlichen Ressourcen, so dass diese in einer Weise genutzt und erhalten werden, dass sie auch für nachfolgende Generationen zur Verfügung stehen und die Menschheit würdig existieren kann.

Einsatz von zukunftsfähigen und effizienten Technologien und Strategien für eine effizientere Nutzung von Ressourcen

Viele Ressourcen sind in ihrem nutzbaren Vorkommen begrenzt. Dies erfordert eine gerechte und auf Dauer angelegte Nutzungsstrategie, die den Erhalt der Ressourcen sicherstellt. Effizienzsteigerungen und neue Technologien müssen aus ökologischen und ökonomischen Gründen in allen Bereichen Einzug halten.

Wiederverstaatlichung der regionalen Grundversorgung für Gas, Wasser, Wärme und Elektrizität

Unser Leben ist von der sicheren Grundversorgung mit Gas, Wasser, Wärme und Strom abhängig. Die Privatisierungen der letzten Jahrzehnte haben vielerorts die Versorgung verteuert und die Stellung der Verbraucher geschwächt. Wir fordern die Rückführung der Einrichtungen zur Abdeckung der Grundversorgung in die öffentliche Hand und zu lokalen Versorgern.

Förderung dezentraler Energieversorgung/Netzstrukturen

Die Zentralisierung im Bereich der Versorgungseinrichtungen der letzten Jahre hat Nachteile für die Allgemeinheit, beispielsweise geringe Effizienz und die Abhängigkeit von wenigen Anbietern. Wir fordern daher den verstärkten Einsatz dezentraler Erzeugungs- und Verteilstrukturen.

Energieverteilung

Der Umbau der Energieinfrastruktur ist eine Aufgabe, die parallel zu dem Umbau der Energieerzeugung stattfinden muss. Neue Trassen für Hochspannungsleitungen stoßen regelmäßig auf, oftmals berechtigten, Widerstand bei den angrenzenden Gemeinden und deren Bürgern. Im Rahmen des schonenden Umgangs mit der Ressource Boden und der Achtung der Mitbestimmung der Bürger vor Ort sind Konzepte gefragt, die diesbezügliche Folgen minimieren. Wir PIRATEN Thüringen stehen für die Kombination von Netzstrukturen. Energienetze können entlang bestehender Straßennetze wie den Autobahnen geführt werden. Die zum Teil höheren Anfangsinvestitionen, zahlen sich mehrfach aus. Datennetze können gemeinsam mit Leitungen von Wasser- und Abwasseranlagen geführt werden. Gerade bei den Energienetzen mit ihrem Innovationspotential, wie der der angedachten Umstellung von Wechselspannung auf Gleichspannung, sind flexible Lösungen die Mittel der Wahl. Ein halbversenkter Fertigteiltunnel neben den Autobahnen bietet dabei beispielsweise enorme Zeit- und damit auch Kostenersparnisse bei einer Umrüstung.

Ausbau öffentlicher Verkehrsmittel und Schaffung/Ausbau des Angebots freier und öffentlicher Individualverkehrslösungen

Der öffentliche Nahverkehr ist ein umweltfreundliches und kostengünstiges Verkehrsmittel in Städten und auf dem Land. Wir sind für die Einführung öffentlicher Verkehrsmittel zur freien Nutzung sowie für den Ausbau und die Modernisierung des Nahverkehrsnetzes. Damit kann eine angemessene und zukunftsfähige Mobilität der Bürger sichergestellt werden. Der öffentliche Nahverkehr ist ein wichtiges Rückgrat der Mobilität der Bürger. Die PIRATEN Thüringen stehen für den Ausbau der dafür notwendigen Infrastruktur. In urbanen Gebieten soll dem Bürger eine flexible, und den individuellen Mobilitätswünschen gerecht werdende, Beförderungsmöglichkeit geboten werden. Über die heute bereits bekannten Verkehrsmöglichkeiten hinaus, fordern wir einen Ausbau des individuellen öffentlichen Nahverkehrs (iÖPNV). Darunter verstehen wir öffentliche und freie Beförderungskonzepte, die Bürger individuell nutzen können. Beispiele wie Paris zeigen, dass diese Verkehrsmittel eine große Akzeptanz genießen. Konkret sind dabei öffentliche Elektrofahrzeuge, zusammen mit der zugehörigen Infrastruktur, zur Erprobung einzuführen. Für die Beförderung nach Fahrplan stehen die PIRATEN Thüringen für die Nutzung alternativer Antriebskonzepte für die Fahrzeuge, wie auch für die Einführung von Vorfahrtsregelungen für den öffentlichen Nahverkehr. Gerade in den ländlichen Regionen Thüringens ist es oft schwierig, auf ein privates Kraftfahrzeug zu verzichten. Ungenügende Fahrfrequenzen des ÖPNV und schlechte Anbindungen der Systeme untereinander sowie land- und kreisübergreifend, verhindern die effiziente und starke Nutzung der bestehenden Möglichkeiten. Oft fahren große Linienbusse wenige Male am Tag mit einer geringen Anzahl an Fahrgästen. Wir fordern die Einführung von öffentlichen Kleinbussen, die mit hoher Frequenz die Linien bedienen, und dabei auf Zuruf, auch abseits der Haltestellen Passagiere aufnehmen oder absetzen können. Dabei sind an den Kontaktstellen der unterschiedlichen Verkehrssysteme besondere Zeitregelungen einzuführen, so dass die Systeme harmonisch ineinandergreifen. Langfristig sollte ein modernes Schienensystem eingeführt werden, welches nicht nur der Personenbeförderung dient, sondern auch den Gütertransport ermöglicht. Dabei sind automatisierte Systeme denkbar. Das Konzept der Einschienenbahn stellt diesbezüglich eine zu berücksichtigende flächenschonende und kostengünstige Möglichkeit dar.

Bereitstellung kabelgebundener Breitbandanschlüsse für alle Haushalte

Der Zugang zum Internet mit seinen vielfältigen Möglichkeiten ist heutzutage ein entscheidender Standortfaktor für Bürger und Wirtschaft. Wir PIRATEN Thüringen setzen uns für eine flächendeckende, ungetaktete Breitbandinternetversorgung (min. 6 MBit/s) zu fairen Preisen ein. Flächendeckend bedeutet, dass der Zugang an jedem Wohnort in Thüringen möglich sein muss. Niemand darf aufgrund seines Wohnsitzes benachteiligt werden. Eine laut Grundgesetz angestrebte Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse, bedingt auch einen uneingeschränkten Internetzugang. Ungetaktet bedeutet, dass der Zugang ohne Volumen- oder Zeitbegrenzung ermöglicht wird. Internetzugänge müssen grundsätzlich ungetaktet angeboten werden. Das Internet durchdringt zunehmend alle Lebensbereiche. Private Nutzer fragen Informationen, Unterhaltungsangebote und Einkaufsmöglichkeiten ab. Für Gewerbetreibende bestehen erhebliche wirtschaftliche Nachteile, wenn sie nicht über einen leistungsfähigen Internetzugang verfügen. Zur Realisierung ist ein zügiger Aus- und Überbau der Netze mit Glasfaser nötig, da nur Glasfaser die Möglichkeit bietet, jedem Endnutzer hohe Bandbreiten kontinuierlich zur Verfügung zu stellen. Da die privat organisierten Unternehmen bisher nicht in der Lage waren eine ausreichende Versorgung mit Breitbandinternet flächendeckend bereitzustellen, muss nun die öffentliche Hand, noch stärker als bisher, das Marktversagen ausgleichen. Oberste Aufgabe muss es sein, Hochgeschwindigkeitsnetze durch die öffentliche Hand, in Form von kommunalen Unternehmen/Zweckverbänden, zu errichten. Anschließend muss das Netz allen ISPs als Open Access Modell zur Verfügung gestellt werden. Die Bereitstellung der Hochgeschwindigkeitsnetze muss zunächst in bislang unerschlossenen Regionen beschleunigt werden. Einer wachsenden digitalen Spaltung der Gesellschaft wird somit nachhaltig entgegengetreten.

Stärkung regionaler Anbieter und Versorgerstrukturen

Lokale Strukturen bringen Verantwortung zurück zum Bürger. Regionale Anbieter und die lokale öffentliche Infrastruktur haben vielfältige Vorteile für uns Bürger und die Umwelt. Wir möchten diese Strukturen fördern und setzen uns für den Ausbau der lokalen Infrastruktur ein.

Feststellung der Rechtmäßigkeit und Notwendigkeit aller Mobilfunkanlagen, insbesondere zur Minimierung elektromagnetischer Strahlenbelastung

Mobilfunkmasten sind ein Eingriff in die Lebenswelt der Bürger. Vielerorts besteht eine ablehnende Grundhaltung gegen direkt in der Nachbarschaft angesiedelte Funkanlagen. Auch gibt es Bedenken aufgrund der geltenden gesetzlichen Grenzwerte, die einen Teil der bekannten Strahlenfolgen vorsätzlich ausblenden. Wir fordern eine Minimierung der Strahlenbelastung in Wohngebieten durch geeignete Auswahl der Sendestandorte und Leistungsreduzierung, sowie eine Prüfung auf Rechtmäßigkeit und Verhältnismäßigkeit aller Funkanlagen in Thüringen.

Keine Privatisierungen großer staatlicher Flächen

Der Thüringer Wald ist unserer wichtigstes zusammenhängendes Waldgebiet im Land und ein wertvoller Schatz für die Bürger und den Tourismus. Die Privatisierung von Staatswald und Forsteinrichtungen steht dem Interesse von Bürgern und Natur entgegen. Wir fordern den Verzicht auf eine großflächige Privatisierung und die kritische Überprüfung der Verkäufe.

Wasser und Abwasser

Die Trinkwasserver- und Abwasserentsorgung sind heute oft in der Hand kommunaler Zweckverbände, zu welchen sich einzelne Gemeinden, teils großflächig, zusammengeschlossen haben. Daraus resultiert für die Bürger der Gemeinden eine Zwangsmitgliedschaft und damit auch ein Zwangsanschluss. Die PIRATEN Thüringen lehnen diesen Zwang ab, auch wenn wir die Zweckverbände insgesamt als eine sinnvolle gemeinschaftliche Einrichtung betrachten. Dieser scheinbare Konflikt ist keiner, wenn man die Ver- und Entsorgung in einem größeren Zusammenhang betrachtet. Abwasser ist kein wertloser Abfall, sondern hochwertiger Rohstoff und muss mit besonderem Augenmerk zukünftig grundsätzlich anders behandelt werden. Zentrale Großkläranlagen sind gerade in den ländlichen Regionen Thüringens oft nur teuer und damit ökonomisch unsinnig. Doch auch unter ökologischen Gesichtspunkten sind diese Anlagen abzulehnen. Nährstoffe, die für die Natur und unsere Landwirtschaft essentiell sind, werden in diesen Klärwerken noch immer zu Sondermüll degradiert und sind damit oft für viele Generationen verloren. Dezentrale Anlagen mit geschlossenen Nährstoffkreisläufen sind eine mögliche Lösung. Dabei ist die getrennte Erfassung oder Behandlung von Fäzes und Urin sowie den weiteren Abwässern zu fordern. Durch diese Trennung wird ein Hauptteil der heute anfallenden Kosten bei der Abwasserreinigung bereits vermieden. Je nach Bevölkerungsdichte müssen unterschiedliche Systeme der Weiterbehandlung umgesetzt werden. Kohlenstoffreiche Fäzes sind entweder zu kompostieren oder energetisch zu verwerten. Urin ist als Nährsalzrohstoff der Düngemittelindustrie zuzuführen. Häusliches Abwasser ist in einfachen und kostengünstigen Anlagen problemlos biologisch zu reinigen und daher dem Naturkreislauf wieder zuführbar. Die PIRATEN Thüringen setzen sich dafür ein, dass insbesondere in den ländlichen Regionen Thüringens ein Umdenken bei der kostenintensiven Abwasserbehandlung einsetzt.

Fernverkehr in Ostthüringen

Die PIRATEN Thüringen setzen sich dafür ein, dass Jena und Saalfeld weiterhin an das Fernverkehrsnetz der Deutschen Bahn angebunden bleiben.

Energiepolitik

Ziel der Energiepolitik der Piraten ist es, preisgünstige und umweltfreundliche Energie bereitzustellen, um den Lebensstandard und die Lebensqualität auch für nachfolgende Generation zu erhalten und zu verbessern. Wir streben eine dezentrale und heterogene Energieinfrastruktur an. Diese soll deutlich mehr Energie, insbesondere im Strombereich, bereitstellen, als regelmäßig genutzt wird. So wird es jederzeit möglich sein, Energie auch für neue und innovative Anwendungen zu nutzen und Stoffkreisläufe zu schließen. Um diese Ziele zu erreichen, ist eine langfristig sichere und umweltschonende Energieinfrastruktur notwendig. Der Weg zum Umbau der Energieversorgung, hin zu einer generativen und nachhaltigen regenerativen Erzeugung, muss dabei mit Nachdruck beschritten werden. Die Speichermöglichkeiten müssen verbessert und die Nutzung muss effizienter erfolgen. Die gesteckten Ziele sollen durch Förderung und Regulierung erreicht werden.

Erzeugung

Piraten stehen für die Umstellung von endlichen Energieträgern auf generative Energiequellen wie Wind-, Sonnen- und Wasserkraft sowie heimisch erzeugte regenerative wie Biomasse. Regenerative Energieträger sollen dabei nur nach dem Prinzip der Nachhaltigkeit genutzt werden und nicht in Konkurrenz zu anderen Zielen wie der Ernährung oder Ressourcenschonung stehen. Eine dezentrale Erzeugung wird dabei angestrebt und ermöglicht eine regionale Eigenversorgung sowie übergreifende Verbundlösungen und Synergieeffekte. Generative Energien sollen dabei ihre Leistungsfähigkeit immer voll entfalten können. Überschüsse werden gespeichert und stehen damit zum Ausgleich zur Verfügung. Besonderes Leistungsvermögen wird dies im Bereich der Stromerzeugung verlangen. Strom ist ein hochwertiger und wichtiger Energieträger, und der Umbau der Elektrizitätsinfrastruktur ist vorrangiges Ziel innerhalb der Energiepolitik, auch da die heutige Erzeugung mit großen Risiken für die Gesundheit und Volkswirtschaft sowie weitreichenden Umweltfolgen verbunden ist. Die Netzregulierung hat vorrangig auf der Abnahmeseite und im Bereich der Erzeugung bei den nicht generativen Quellen zu erfolgen, so dass generative Kraftwerke immer Vollleistung einspeisen können. Regenerative Energien sollen primär aus Rest- und Abfallstoffen erzeugt werden und die generative Erzeugung ergänzen. Konkurrenz zwischen Nahrungsmitteln und Energiepflanzen auf den Anbauflächen lehnen wir ab. Für eine Übergangsphase sind austauschbare fossile Energieträger wie Erdgas in KWK-Anlagen mit hoher Energieeffizienz geeignet, die Stromerzeugung zu ergänzen. Die energetische Nutzung fossiler Ressourcen ist schrittweise zu reduzieren, so dass einer schnellen Entwicklung, hin zu einer generativen Vollversorgung, nichts im Wege steht. So sprechen sich die PIRATEN Thüringen für die Förderung dezentraler Energieanlagen, besonders im Bereich der generativen und regenerativen Energien aus. Regenerative Energien sollen dabei besonders im landwirtschaftlichen Biomassebereich auf lokale Rest- und Abfallsstoffe umgestellt werden.

Verteilung

Generative Energiequellen sind überwiegend dezentral verfügbar. Eine auf diesen Umstand angepasste Netzinfrastruktur ist deshalb als essenziell zu betrachten. So treten wir Piraten für eine transparente, dezentralisierte Verteilungsstruktur ein. Energienetze sollen, unabhängig vom tatsächlichen Betreiber, in öffentlicher Hand liegen und sind zu rekommunalisieren, auch um eine Netzneutralität zu gewährleisten. Nur so können Monopolstellungen verhindert und der freie Zugang sowie Wettbewerb effektiv ermöglicht werden. Lokale Energieverbundsysteme ermöglichen hohe energetische Wirkungsgrade und reduzieren den Gesamtenergiebedarf. Das Stromnetz muss zu einem leistungsfähigen und eng vermaschten Netz ausgebaut werden, in dem sich Nachbarregionen gegenseitig ergänzen und damit stabilisieren. Ein darauf basierendes hierarchisches System ermöglicht eine stabile Versorgung und auch die Verteilung und Speicherung von großen Energiemengen. Der Ausbau von Schnittstellen zu unseren Nachbarländern ermöglicht dabei grenzübergreifende Strukturen. Zur europäischen Vernetzung sind auch moderne Hochleistungsnetze sinnvoll. So treten die PIRATEN Thüringen für Alternativen zum Austausch großer Energiemengen zwischen Nord- und Süddeutschland ein. Die PIRATEN Thüringen sprechen sich für einen verstärkten Ausbau der Mittelspannungsebene der Stromversorgungsinfrastuktur aus.

Speicherung

Um Schwankungen bei der Verfügbarkeit auszugleichen und Erzeugungsspitzen zu nutzen, benötigen wir vielfältige Energiespeicher in großem Umfang. Diese Speicher sind eines der wichtigsten Elemente einer zukunftsfähigen Energieinfrastruktur. Thermische, chemische, Druck- und Potentialspeicher benötigen große Volumina. Geothermische Speicherung von Wärme, chemische Speicherung von Strom in unterirdischen Reservoirs und neuartige Wasserkraft-Speicherkraftwerke, auch im Flachland, sind Möglichkeiten, deren Erforschung und Entwicklung intensiv unterstützt werden muss. Kleine dezentrale Speicher und intelligente Verbraucher ergänzen die großen Speicherkonzepte, optimieren die Energieausnutzung und reduzieren den Gesamtenergiebedarf. Diese vielgliedrige Speicherstruktur muss mittels Forschung und Umsetzung durch staatlichen Maßnahmen beschleunigt werden, ebenso wie die Kombination und Umwandlung der Energieträger. So lassen sich bestehende Infrastrukturen, wie das Gasnetz als großer Energiespeicher, integrieren. Diese kombinierten Nutzungsmöglichkeiten gewährleisten und ermöglichen eine langfristige Versorgungssicherheit sowie eine universelle Verwendung der Energie.

Nutzung

Effiziente Verbraucher sind Grundlage sinnvoller Energienutzung. Wir Piraten wollen ein System etablieren, in dem die beste Energieausnutzung den Wettbewerb zwischen den Herstellern antreibt und so immer energieeffizientere Technologien hervorbringt. Umfänglich günstig verfügbare generative Energie soll in allen Bereichen des Lebens und der Wirtschaft innovative Prozesse ermöglichen, wie auch eine sehr umfassende Kreislaufwirtschaft. Dabei gilt der Kombination von Energieverbrauchen ein besonderes Augenmerk. Die Kraft-Wärme-Kopplung und kaskadenartige Nutzung der verfügbaren Energie sind in Industrie und Haushalt Möglichkeiten, den Wirkungsgrad im Gesamten zu erhöhen.

Umgang mit fossilen Ressourcen

Fracking

Die PIRATEN Thüringen lehnen Hydraulic Fracturing, auch Fracking genannt, als Methode zum Abbau von fossilen Brennstoffen ab. Durch die Anwendung dieser Verfahren werden zahlreiche, zum Teil hochtoxische und karzinogene Stoffe in den Untergrund eingebracht, deren Ausbreitung und Auswirkungen auf Mensch und Umwelt bisher kaum abzuschätzen sind. Die konsequente Vermeidung von gesundheitsgefährdenden Verunreinigungen in Boden und Grundwasser stellt eine wesentliche Voraussetzung dar, um unkontrollierbare Risiken für uns und nachfolgende Generationen auszuschließen. Daher setzen wir uns in Thüringen, aber auch auf Bundes- und EU-Ebene, für ein Verbot von Fracking-Verfahren ein. Um den benötigten Energiebedarf zu decken, setzen wir statt dessen auf Effizienzsteigerung bei herkömmlichen Energieerzeugungsverfahren, Suffizienz bei der Energienutzung und eine Umstellung auf generative Energien. Fluktuationen bei Energieproduktion und -nutzung sollten durch moderne Verteilungs- und Speichertechniken ausgeglichen werden. Die Genehmigung und der Einsatz industrieller Verfahren zum Abbau von Rohstoffen müssen über das bisherige Bergrecht hinaus ebenso umwelt- und wasserrechtlichen Prüfungen unterzogen werden. Untersuchungen auf Naturverträglichkeit, Nachhaltigkeit, toxikologische Unbedenklichkeit und weitere gesundheitliche Auswirkungen sollten selbstverständlich sein. Derzeit angestrebte bzw. bereits abgeschlossene Verträge und erteilte Konzessionen für die Anwendung von Fracking-Verfahren sind vollständig offen zu legen und die Bürger der betroffenen Kommunen in einem transparenten und partizipativen Prozess zu informieren und einzubeziehen.

CCS

Die PIRATEN Thüringen lehnen die Verpressung von Kohlendioxid in Boden und Gewässern ab. Zum einen sind die Folgen für die Umwelt nicht ausreichend erforscht, zum anderen dient die Einlagerung dem Weiterbetrieb fossiler Kraftwerke, welche so den Umstieg hin zu einer zukunftsfähigen, auf generativen Ressourcen beruhenden Energiebereitstellung verzögert. Ein langfristiger Verbleib des Kohlendioxides in den vorgesehen Lagerstätten ist keinesfalls gesichert, so dass dadurch eine Verlagerung heutiger Probleme auf zukünftige Generationen erfolgt. Weiter sind geeignete unterirdische Lagerstätten als großvolumige Langzeitspeicher für generativ erzeugtes Methan vorzuhalten, um eine langfristig sichere Energieversorgung bei schwankender Bereitstellung zu ermöglichen.

Landwirtschaft

Tierschutz in der Nutztierhaltung

Die PIRATEN Thüringen setzen sich für eine Verbesserung des Tierschutzes in der Nutztierhaltung und damit auch für eine Verbesserung der Gesundheit der Menschen ein.

Anlagen konzentrierter Tierhaltung ("Massentierhaltung")

Das bestehende Tierschutzgesetz legt zwar Grundregeln fest, bietet aber einen zu weiten Interpretationsspielraum wie z.B. "vermeidbare Leiden oder Schäden". Tiere müssen ihrer Art und ihren Bedürfnissen entsprechend angemessen ernährt, gepflegt und verhaltensgerecht untergebracht werden. Dazu gehören ausreichend Bewegungsfreiheit, Beschäftigungsmöglichkeiten und Auslauf. In Zusammenarbeit mit Tierärzten, Hygienetierärzten und Ernährungswissenschaftlern sind verbindliche Standards zur Unterbringung, Haltung und Ernährung der Tiere zu erarbeiten, deren Einhaltung kontrolliert wird. Eine Genehmigung für neu zu errichtende Anlagen konzentrierter Tierhaltung darf nur nach sorgfältiger Prüfung auf Einhaltung dieser Anforderungen erteilt werden. Bestehende Haltungen sind auf diese Anforderungen zu überprüfen. Bei Neuerrichtung von Anlagen konzentrierter Tierhaltung sind die Bürger der betroffenen Region von Anfang an zu informieren und in die Entscheidungsfindung einzubeziehen. Wir fordern hier ein konsequentes Eingreifen der Behörden bei Verstößen gegen das Tierrecht oder gegen Umweltauflagen.

Eingriffe an Tieren und Tiertransporte

Eingriffe an Tieren wie Kastration oder Kennzeichnung müssen schmerzfrei erfolgen. Tiertransporte sind auf eine Höchstdauer von vier Stunden zu begrenzen. Die effektive Kontrolle der Tiertransporte ist zu gewährleisten. Tiertransporte von und nach außerhalb des EU-Raumes sind untersagt.

Kurze und nachvollziehbare Wege

Es ist eine Nachvollziehbarkeit des Warenweges von der Erzeugung bis zum Verbraucher zu garantieren. Die Futtererzeugung sowie die Schlachtung und Verarbeitung soll damit wieder mehr in regionale Betriebe verlagert werden. Ziel ist die Förderung einer Direktvermarktung über ein Netz von kleineren Schlachtstellen mit kurzen Transportwegen.

Futtermittel

Die Herkunft der Futtermittel muss ebenfalls hinterfragt werden. Es ist widersinnig, dass einerseits Lebensmittel vernichtet werden, weil sie nicht den Normen für Größe und Aussehen entsprechen und wir andererseits anderen Ländern die Grundlage eigener Lebensmittelproduktion entziehen, weil dort Futtermittel für unsere Tierhaltung angebaut werden. Der derzeit praktizierte übermäßige Einsatz von Antibiotika, Futterzusätzen oder von tierischen Überresten für Pflanzenfresser schädigt nicht nur die Gesundheit der Tiere sondern letztendlich auch die Gesundheit der Menschen.

Kontrolle

Die Unabhängigkeit der Kontrolleure ist, einhergehend mit der Befugnis zu Sanktionen bei Verstößen, in allen Bereichen zu gewährleisten. Unangemeldete Kontrollen haben die Regel zu sein und nicht die Ausnahme.

Information

Die Landwirtschaft ist zu einem Industriezweig geworden, der eine immer effizientere Produktion von Lebensmitteln zu immer erschwinglicheren Preisen durchsetzt. Die damit verbundenen negativen Auswirkungen auf Gesundheit, Umwelt und vor allem auf den Tierschutz werden zwar von immer mehr Verbrauchern erkannt, aber es ist bisher politisch nicht gewollt, das bestehende System zu ändern. Die Aufklärung der Bürger über die Herkunft ihrer Lebensmittel und über gesunde Ernährung hat viel umfangreicher zu erfolgen. Dazu gehört eine Aufnahme dieser Thematik in den Unterricht der Oberstufe. Der gesamte Prozess der Zucht, der Haltung, der Tötung und der Verarbeitung von Tieren soll zum allgemeinen Wissen gehören. Ein Drittel aller Gesundheitskosten hat als Ursache eine fehlerhafte Ernährung. Ein Umdenken würde sowohl das Leid der Tiere vermindern als auch Kosten in unserem Gesundheitssystem sparen und somit allen zugutekommen.

Zuständigkeiten

Als zukünftige Aufgabe regen wir an, die Zersplitterung bei der Ressortierung der staatlichen Lebensmittelüberwachung zu beenden. In den einzelnen Bundesländern unterstehen die Behörden der Tiergesundheits- und Lebensmittelüberwachung unterschiedlichen Ministerien. Die Lebensmittelüberwachung sollte einheitlich zentral durch das Gesundheitsministerium geregelt werden.

Tierversuche

Tierversuche, zu anderen Zwecken als der Arzneimittelforschung, lehnen wir grundsätzlich ab. Jedoch ist auch im pharmazeutischen Bereich eine strengere Überprüfung, hinsichtlich der Notwendigkeit von Tierversuchen, erforderlich. Das Ziel ist eine tierversuchsfreie Forschung.

Regionale Nährstoffkreisläufe

Die PIRATEN Thüringen setzen sich für die Schliessung regionaler Nährstoffkreisläufe ein.

Abwasser- und Fäkalien-Behandlung

Im ländlichen Raum soll überwiegend eine dezentrale Abwasser- und Fäkalien-Behandlung erfolgen.

V. "Frei-Staat" Thüringen

Innenpolitik, Recht und Sicherheit

Überarbeitung und Novellierung des Thüringer Polizeiaufgabengesetzes

Die PIRATEN Thüringen fordern die längst überfällige Überarbeitung und Novellierung des Thüringer Polizeiaufgabengesetzes (PAG). Das PAG enthält zahlreiche Regelungen zur Zulässigkeit und Durchführung von Datenerhebungen aller Art, insbesondere auch personenbezogener Daten (automatisierte Kennzeichenerfassung, visuelle Beobachtungen, Überwachung der Telekommunikation, Überwachung durch "Wanzen", versteckte Kameras, verdeckte Ermittler und V-Leute). Bereits seit 2009 ist gegen das PAG eine Verfassungsbeschwerde beim Thüringer Verfassungsgerichtshof anhängig.

Die PIRATEN Thüringen halten eine Überarbeitung des PAG für dringend erforderlich, weil

  • einzelne Regelungen des PAG von Juristen als verfassungswidrig eingeschätzt werden,
  • die Bespitzelung von Personen und Berufen ermöglicht wird, deren Tätigkeit mit einer besonderen Vertraulichkeit und Verschwiegenheit gegenüber den Belangen von Privatpersonen einhergeht, insbesondere von Rechtsanwälten, Notaren, Ärzten, Psychotherapeuten, Beratern, Hebammen usw.,
  • die im Gesetz ansatzweise vorgesehene Prüfung auf Verhältnismäßigkeit solcher Maßnahmen weder näher definiert, noch genau dokumentiert wird und keinen wirklichen Schutz der Bürger vor gravierenden Eingriffen in die Privatsphäre bietet,
  • der vom Bundesverfassungsgericht "absolut geschützte Kernbereich privater Lebensgestaltung" durch einzelne Passagen aufgeweicht und verfassungswidrig eingeschränkt wird,
  • die vorgesehenen Dokumentations- und Informationspflichten im Hinblick auf die getroffenen Entscheidungen und durchgeführten Maßnahmen - wenn überhaupt vorhanden - völlig unzureichend sind,
  • insbesondere die automatisierte Kennzeichenerhebung und der damit verbundene Datenabgleich bei Bürgern, die von vornherein als unbescholten gelten müssen, abzulehnen sind,
  • die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Rasterfahndung, die die Unzulässigkeit einer solchen Datenerhebung zur allgemeinen Gefahrenabwehr betont, nicht beachtet wird,
  • die vorgesehene "Datenerhebung mit besonderen Mitteln" einen schweren Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung und in den Kernbereich privater Lebensgestaltung darstellt und in der im PAG enthaltenen Form abzulehnen ist,
  • die Benachrichtigungspflichten für Betroffene aufgeweicht werden.

Durch das PAG in der jetzigen Form werden Bürger zu mehr oder weniger willkürlichen Objekten staatlichen Handelns degradiert, gegen das sie kaum Möglichkeiten haben sich zu wehren. Die auf eine angeblich globale terroristische Bedrohung abzielenden erweiterten Regelungen entbehren jeder realen Grundlage, sind nicht geeignet, mehr Sicherheit gegenüber kriminellen Handlungen herzustellen und schränken Freiheits- und Bürgerrechte unnötig ein. Demgegenüber werden Dokumentationspflichten, Information der Öffentlichkeit und parlamentarische Kontrolle so gering wie möglich gehalten. Die bisherigen Ermittlungsinstrumente von Polizeibehörden reichen völlig aus, um Straftaten aufzuklären und akute Gefahrenlagen zu erkennen und abzuwehren. Die PIRATEN Thüringen lehnen daher das PAG in der gegenwärtigen Form ab und fordern die Landesregierung auf, die anhängende Verfassungsbeschwerde zu behandeln und das Gesetz so schnell wie möglich zu überarbeiten.

Identifikationsnummer für Polizisten

Die PIRATEN Thüringen setzen sich dafür ein, dass jeder Polizist im Einsatz eine leicht lesbare und eindeutige Identifikationsnummer trägt. Dies trägt zur Stärkung des Vertrauens gegenüber der Polizei bei. Einsätze bei Demonstrationen und öffentlichen Veranstaltungen sind von dieser Regelung ausdrücklich inbegriffen. Die Pflicht zur Verwendung von Namensschildern auf den Uniformen der Polizisten im Einsatz wird zum Schutz der Polizisten abgelehnt. Den Beamten steht es aber frei, auf der Uniform den eigenen Namen anstatt der Identifikationsnummer zu verwenden.

Unabhängige Kontrolle für Polizeibehörden

Innerhalb der Strukturen der Polizei besteht, wie in anderen Bereichen auch, die Möglichkeit, dass einzelne Beamte/Mitarbeiter sich unkorrekt bzw. rechtswidrig verhalten. Polizeibeamte, die ein Fehlverhalten von Kollegen feststellen, Zeugen bestimmter Situationen sowie Anzeige erstattende Bürger müssen die Möglichkeit bekommen, ihr Anliegen an eine unabhängige Stelle außerhalb der Behörde zu richten, in der die Person den Dienst verrichtet gegen die Beschwerde geführt werden soll. Die Schaffung einer unabhängigen Kontrollbehörde vermeidet Hemmschwellen des Beschwerdeführers sowie interne Interessenkonflikte. Die zu schaffende Kontroll- und Ermittlungsinstanz gewährleistet, dass klare Sachverhalte nicht aus Bequemlichkeit oder Vorteilsnahme vertuscht werden. Sie garantiert außerdem, dass persönliche Repressalien gegen den Anzeigenden unterbleiben und kann ohne Anzeige eines Dritten tätig werden.

Videoüberwachung auf Demonstrationen

Die Teilnahme an einer gesetzeskonformen und ordnungsgemäß angemeldeten Demonstration ist ein legitimes Mittel, um eine politische und persönliche Meinung kund zu tun. Keinesfalls ist es gerechtfertigt, Demonstranten pauschal unter Tatverdacht zu stellen. Daher lehnen die PIRATEN Thüringen ausdrücklich den allgemeinen und präventiven Einsatz von Überwachungskameras während Demonstrationen ab. Nur weil Menschen ihr Recht auf Meinungsäußerung wahrnehmen, dürfen sie als friedliche Demonstranten nicht wie potentielle Verbrecher behandelt werden.

Thüringer Verfassungsschutz auflösen

Der Schutz der freiheitlich-demokratischen Grundordnung und der im Grundgesetz verankerten bürgerlichen Rechte ist ein wesentliches politisches Anliegen der Piratenpartei. Obwohl laut Thüringer Verfassungsschutzgesetz (ThürVSG) dem Landesamt für Verfassungsschutz ein im Wesentlichen gleichlautender Auftrag obliegt, tritt diese Behörde in der öffentlichen Wahrnehmung vor allem durch Demokratie schädigende Skandale, Intransparenz, Vertuschung, Scheinfirmen, Finanztransaktionen an gewaltverherrlichende und menschenverachtende Organisationen und ähnliche dubiose Aktivitäten in Erscheinung. Die Kontrolle des Thüringer Landesamts für Verfassungsschutz durch die Parlamentarische Kontrollkommission erwies sich in der Vergangenheit als schwierig bis unmöglich. Eine demokratische Gesellschaft wird nicht durch sehr weitgehende Grundrechtseingriffe, Geheimdienstaktivitäten, V-Männer, Gesinnungsschnüffelei, grundgesetzwidrige Verdachtsberichterstattung und Bespitzelung geschützt, sondern vor allem durch einen freien öffentlichen Diskurs und einer möglichst transparenten politischen Kultur. Für die Ermittlung und Verfolgung von gewalttätigen und kriminellen Aktivitäten sind die Strafverfolgungsbehörden zuständig, deren bestehendes Handlungsinstrumentarium als ausreichend eingeschätzt wird. Die PIRATEN Thüringen fordern daher die Auflösung des Thüringer Landesamts für Verfassungsschutz.

Gesetzestexte

Gesetzestexte sind eine verbindliche Grundlage aller Abläufe sowie Strukturen und dürfen demzufolge nicht von Lobbyisten und Wirtschaftsunternehmen geschrieben werden. Die Landesregierung unterhält leistungsfähige Ministerien sowie einen Apparat mit dafür befähigten Beamten und Angestellten. Eine Erstellung von Textvorlagen sollte nicht von außerhalb erfolgen, da somit stets die Gefahr einer individuellen Einflussnahme gegeben ist. Die PIRATEN Thüringen fordern ein generelles Verbot von Beratungsaufträgen an Dritte zum Zwecke der Formulierung eines Gesetzestextes. Die PIRATEN Thüringen fordern eine freie Verfügbarkeit sämtlicher Gesetzestexte und Texte von Gesetzesrang.

Öffentliche Listen von Landesgeldern, Vergabeverfahren und den dazugehörigen Verträgen

Sämtliche Vergabeverfahren, die entsprechenden vertraglichen Grundlagen sowie die konkrete Verwendung der Gelder des Landes sollen von allen Interessierten nachvollzogen werden können. Der Staat, respektive das Land Thüringen, die Politik und die ausführenden Organe sind Verwalter der Steuermittel aller Bürger und nicht deren Eigentümer. Daher halten die PIRATEN Thüringen eine Einsichtnahme in Verträge des Staates für ein grundsätzliches Recht des Bürgers. Für alle Landesministerien soll verpflichtend sein, dass Auftragsvergaben sowie durch Steuermittel geförderte Projekte und Organisationen in einer zentralen Datenbank gespeichert werden. Die entsprechenden Unterlagen sollten auf einem Online-Portal für alle Bürger einsehbar gemacht werden, auf welchem auch alle entscheidungsrelevanten Unterlagen veröffentlicht werden müssen. So bleibt jederzeit nachprüfbar, ob Entscheidungen im Sinne der Bürger getroffen wurden oder Nebenabsprachen zu vermuten sind. Transparenz wird somit für alle Abläufe hergestellt.

Bundespräsident

Die PIRATEN Thüringen treten für eine Direktwahl des Bundespräsidenten und damit die Abschaffung der Bundesversammlung ein. Der Aufgabenbereich des Bundespräsidenten ist dabei nicht zu verändern. Die Direktwahl stärkt aber die Unabhängigkeit des Staatsoberhaupts von gesetzgebenden Gremien und Parteien. Bisher hat jedes einzelne Mitglied der Bundesversammlung das Recht, einen Kandidaten vorzuschlagen. Dieses Vorschlagsrecht sollte in gewisser Form auf die Mitglieder der Landesparlamente und die Mitglieder des Bundestages übergehen. Ebenso ist denkbar, dass die Bürger ein Vorschlagsrecht erhalten. Da ein Mitglied der Bundesversammlung zahlenmäßig rund 50.000 Bürger vertritt, könnte eine ebenso hohe Anzahl von Unterstützungsunterschriften für die Kandidaten verlangt werden.

Außenpolitik, Krieg und Frieden

Pazifismus

Die PIRATEN Thüringen fordern die Beendigung der deutschen Beteiligung an allen militärischen Auseinandersetzungen. Wir lehnen jede Form von militärischer Gewaltanwendung entschieden ab. Krieg und andere militärische Auseinandersetzungen sind keine Lösung für politische, gesellschaftliche und religiöse Differenzen. Die deutschen Streitkräfte und Geheimdienste sollen ausschließlich für die Verteidigung des eigenen Hoheitsgebietes und für humanitäre Hilfseinsätze in Gebieten ohne bewaffnete Konflikte eingesetzt werden. Die in der BRD stationierten ausländischen Truppen und deren militärischen Geräte, insbesondere atomare und konventionelle Waffen, sollen schnellstmöglich und vollständig abgezogen werden. Die geräumten Kasernen und militärischen Flächen sollen für eine schonende zivile Nutzung zur Verfügung gestellt werden. Geeignete Flächen wie Truppenübungsplätze sollen zu Reservaten für schützenswerte Pflanzen und Tiere erklärt werden. Wir fordern ein Exportverbot von militärischen Rüstungsgütern und Waffen.

Staat und Religion

Piraten setzen sich für einen pluralistischen, freiheitlichen und weltanschaulich neutralen Staat ein.

Religiöse Freiheit

Freiheit und Vielfalt an kulturellen, religiösen und weltanschaulichen Einstellungen und Sichtweisen, kennzeichnen die modernen Gesellschaften. Wir sehen den Staat in der Pflicht, diese Freiheiten zu garantieren. Dabei verstehen wir unter Religionsfreiheit nicht nur die Freiheit zu einem persönlichen Glauben und zur Ausübung einer Religion, sondern auch die Freiheit von religiöser Bevormundung. Wir erkennen und achten die Bedeutung, die individuell gelebte Religiosität für den einzelnen Menschen erlangen kann.

Weltanschaulich neutraler Staat

Die weltanschauliche Neutralität des Staates ist eine notwendige Voraussetzung für die gedeihliche Entwicklung des Gemeinwesens. Ein säkularer Staat erfordert die strikte Trennung von religiösen und staatlichen Belangen. Finanzielle und strukturelle Bevorzugungen einzelner Glaubensgemeinschaften sind daher abzubauen. Verträge zwischen Staat und Religionsgemeinschaften, die finanzielle Vorteile oder direkte Leistungen an religiöse Institutionen enthalten, sollen beendet und abgelöst werden. Weil die diskriminierungsfreie Regelung eines staatlichen Einzugs von Kirchenbeiträgen nicht möglich ist, sind die Regelungen über die Kirchensteuer abzuschaffen. Das sorgt auch dafür, dass staatliche Stellen, im Sinne der Datensparsamkeit, die Religionszugehörigkeit nicht mehr erfassen müssen. Staatliche Einrichtungen müssen religionsneutral auftreten. Deshalb dürfen religiöse Symbole dort nicht von Amts wegen angebracht werden. Wo möglich sollen bereits existierende religiöse Symbole aus staatlichen Einrichtungen entfernt werden. Individuelle Religionsausübung von Beamten oder staatlichen Angestellten (etwa tageszeitgebundene Gebete oder das Tragen von religiösen Symbolen am Körper) ist, im Sinne der Religionsfreiheit, auch in staatlichen Einrichtungen zu ermöglichen.

Religion und Unterricht

Staatlicher Unterricht muss den Schülern die Möglichkeit geben, einen eigenen Zugang zu den ethischen Grundlagen einer humanen Gesellschaft zu finden. Das kann auch ein religiöser Zugang sein. Im Mittelpunkt muss aber die gemeinsame Auseinandersetzung mit den Weltanschauungen, Glaubensrichtungen und Werten unserer Gesellschaft stehen, um gegenseitiges Wissen und Verständnis zu fördern und religiöse Toleranz in der Gesellschaft zu verankern. Die PIRATEN Thüringen setzen sich hierbei für einen gemeinsamen und für religiöse sowie nicht-religiöse Schüler verbindlichen Ethik-Unterricht ein, der nicht in Wahlkonkurrenz zum Religionsunterricht steht. Soweit Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften Aufgaben im Bildungs- und Sozialbereich übernehmen, sollen für sie die gleichen Regelungen gelten wie für weltanschaulich neutrale Einrichtungen.

Religion und Rechtsstaat

Kirchen und Glaubensgemeinschaften sind Bestandteil der Rechtsordnung. Sie haben staatliche Gesetzgebung, insbesondere auch zu den Grundsätzen der Gleichberechtigung und Gleichachtung aller Menschen, zu beachten. Auch die allgemeinen gesetzlichen Regeln der Koalitionsfreiheit und der Mitbestimmung sind in vollem Umfang einzuhalten.

Neuregelung des Tanzverbotes

Gemäß § 6 des Thüringer Feiertagsgesetzes ist es an den sogenannten „stillen Tagen“ verboten, musikalische und sonstige unterhaltende Darbietungen jeder Art, in Gaststätten und Nebenräumen mit Schankbetrieb, anzubieten. Es ist auch verboten, öffentliche sportliche Veranstaltungen und alle sonstigen öffentlichen Veranstaltungen, wenn sie nicht der Würde des Tages, der Kunst, Wissenschaft oder Volksbildung dienen und auf den Charakter des Tages Rücksicht nehmen, durchzuführen. Zu diesen stillen Feiertagen gehören Karfreitag, Volkstrauertag, Totensonntag und Heiligabend. Die PIRATEN Thüringen fordern, diese nicht mehr zeitgemäßen Beschränkungen, unter Beachtung der gegenseitigen Rücksichtnahme, neu zu regeln.