TH:Landesparteitag 2011.2/Antragsfabrik/Verfassungsschutz auflösen

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Pictogram voting wait blue.svg Dies ist ein eingereichter Programmantrag für den TH:Landesparteitag 2011.2 von Frank11.

Bitte diskutiere den Antrag, und bekunde Deine Unterstützung oder Ablehnung auf dieser Seite. Der Antragstext darf nicht mehr verändert werden!

Änderungsantrag Nr.
PÄA.Verfassungsschutz.1
Beantragt von
[[Antragssteller::Frank11]]
Programm

Wahlprogramm/Parteiprogramm

Schlagworte Pro
Schlagworte Contra
Beantragte Änderungen

Hiermit stelle ich an den Landesparteitag der PIRATEN Thüringen den Antrag, in das Programm der PIRATEN Thüringen an geeigneter Stelle nachfolgenden Abschnitt aufzunehmen:

Der Schutz der freiheitlich-demokratischen Grundordnung und der im Grundgesetz verankerten bürgerlichen Rechte ist ein wesentliches politisches Anliegen der Piratenpartei. Obwohl laut Thüringer Verfassungsschutzgesetz (ThürVSG) dem Landesamt für Verfassungsschutz ein im Wesentlichen gleichlautender Auftrag obliegt, tritt diese Behörde in der öffentlichen Wahrnehmung vor allem durch Demokratie schädigende Skandale, Intransparenz, Vertuschung, Scheinfirmen, Finanztransaktionen an gewaltverherrlichende und menschenverachtende Organisationen und ähnliche dubiose Aktivitäten in Erscheinung. Die Kontrolle des Thüringer Landesamts für Verfassungsschutz durch die Parlamentarische Kontrollkommission erwies sich in der Vergangenheit als schwierig bis unmöglich.
Eine demokratische Gesellschaft wird nicht durch sehr weitgehende Grundrechtseingriffe, Geheimdienstaktivitäten, V-Männer, Gesinnungsschnüffelei, grundgesetzwidrige Verdachtsberichterstattung und Bespitzelung geschützt, sondern vor allem durch einen freien öffentlichen Diskurs und eine möglichst transparente politische Kultur. Für die Ermittlung und Verfolgung von gewalttätigen und kriminellen Aktivitäten sind die Strafverfolgungsbehörden zuständig, deren bestehendes Handlungsinstrumentarium als ausreichend eingeschätzt wird.

Die PIRATEN Thüringen fordern daher die Auflösung des Thüringer Landesamts für Verfassungsschutz.

Begründung

Seit seiner Gründung ist das Thüringer Landesamt für Verfassungsschutz vor allem durch eine Reihe von Skandalen in Erscheinung getreten:

  • 1997 verschwanden zwei Computer beim Umzug des Innenministeriums mit Daten des VS, vier Jahre später tauchten Daten dieser Rechner in der rechten Szene wieder auf.
  • der Fall Thomas Dienel - rechtskräftig verurteilter Neonazi, der dem Verfassungsschutz unter dem Decknamen "Küche" bis zum Jahr 1997 als Quelle zu Diensten war. Lieferte mit kameragerecht inszenierten "Wehrsportübungen" den Medien entsprechendes Futter. Dienel war vor der Wende übrigens SED-Mitglied, was fortbestehende Verbindungen des VS zur ehemaligen Stasi möglich erscheinen läßt.
  • 2001 wurde bekannt, dass der Thüringer Verfassungsschutz den stellvertretenden NPD-Landesvorsitzenden Tino Brandt als V-Mann "Otto" engagiert hatte - und dessen "Arbeit" mit bis zu 40 000 DM pro Jahr sponserte. Der gründete mit diesen Geldern z.B. den "Thüringer Heimatschutz". Brandt war seit 1999 in der NPD; seit April 2000 als stellvertretender Landesvorsitzender.
  • 2005 steht in Erfurt Helmut Roewer (56) vor Gericht. Angeklagt wegen Untreue und Betrugs. Zum Nachteil der Staatskasse, also des Steuerzahlers. In nicht weniger als dreiundsechzig Fällen. Der Mann war von 1994 bis 2000 Präsident des Thüringer Landesamtes für Verfassungsschutz. Mit auf der Erfurter Anklagebank sitzen wegen Beihilfe auch zwei frühere Referatsleiter des V-Amtes. Die Angeklagten hatten Gelder an Scheinidentitäten überwiesen und für private Zwecke abgezweigt.
  • der Fall Heron-Verlag - vom VS gegründetes und unterhaltenes Tarnunternehmen, mit dem auch Scheinverträge abgeschlossen wurden. Dem Amt zugeteilte Gelder wurden über den Heron-Verlag abgezweigt und für private Zwecke verwendet.

Da das Landesamt für Verfassungsschutz im Grunde ein Geheimdienst ist und mit geheimdienstlichen Methoden arbeitet, können Politik, Parlamente und Öffentlichkeit per definitionem die Tätigkeit dieser Institution nicht einschätzen, kontrollieren, transparent gestalten oder sonstwie in einem nutzbringenden Rahmen halten. "Laufen die handelnden Personen aus dem Ruder, können weder Dienstaufsicht noch Rechnungshof, schon gar nicht die Parlamentarische Kontrollkommission (PKK) sie stoppen. Nur Zufälle oder Unachtsamkeit bringen zwielichtige Machenschaften zutage." So hatte auch die vom Parlament gewählte und eingesetzte Parlamentarische Kontrollkommission in allen oben geschilderten Fällen nicht die geringste Ahnung über die ablaufenden Vorgänge und Aktivitäten. Die Landesregierung kann überdies jederzeit die Unterrichtung der Kommission ablehnen (§ 19 ThürVSG).

Die vom Verfassungsschutz praktizierte Verdachtsberichtserstattung ist verfassungswidrig.

  • "In den meisten Verfassungsschutzberichten wird nicht nur über erwiesene Verfassungsfeinde berichtet, sondern auch über solche Organisationen, die von der Verfassungsschutzbehörde lediglich verdächtigt werden, verfassungsfeindliche Bestrebungen zu verfolgen. Diese Praxis ist rechtswidrig. Sie findet in den Verfassungsschutzgesetzen keine Grundlage und verstößt zudem gegen das Grundgesetz." Dietrich Murswiek: Der Verfassungsschutzbericht – das scharfe Schwert der streitbaren Demokratie. Zur Problematik der Verdachtsberichterstattung; in: Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht (NVwZ) 2004, S. 769–778
  • ein Verdacht liegt nach Auffassung der Verfassungsschützer selbst dann vor, wenn Personen oder eine Organisation auf die "Veränderung bestehender Machtverhältnisse" abzielen. Dies ist praktisch bei jeder ernsthaften politischen Tätigkeit der Fall und das gute Recht von Menschen in einer demokratischen Gesellschaft. Der Erhalt eines wie auch immer gearteten Status Quo bis in alle Ewigkeit ist nicht Aufgabe eines "Verfassungsschutzes". So wurde die Linkspartei als "Nährboden für verfassungsfeindliche Bestrebungen, die auf eine Veränderung der bestehenden Machtverhältnisse abzielten", betrachtet ([1]).
  • Mit der Verdachtsbegründung wurde z.B. Rolf Gössner (z.B. Mitglied der Jury zur Verleihung des "BigBrotherAward") über 4 Jahrzehnte vom VS bespitzelt.

Verfassungsschutzberichte

  • Verfassungsschutzberichte sind in der Regel Sammlung unsinniger und lächerlicher Informationen und statistischer Daten, für die keine bis kaum geheimdienstliche Datenerhebungsmethoden erforderlich sind (z.B. durchschnittlich 110 Besucher rechtsradikaler Konzerte 2010, trotzdem werden diese Konzerte als sehr populär eingeschätzt)
  • Verfassungsschutzbericht unterscheidet lediglich in Rechtsextremismus / Linksextremismus / Scientology
  • Kapitel zur Organisierten Kriminalität ist ein Witz / im Bericht eine Seite zu Rockerbanden / keinerlei Informationen zu Geldwäsche, Mafiastrukturen usw.

Die im ThürVSG festgelegte Aufgabe "Schutz vor Organisierter Kriminalität" (§1) ist unklar, weil erstes nicht definiert ist, wer oder was vor Organisierter Kriminalität geschützt werden soll. Unklar ist weiterhin der Sinn dieser Aufgabe, denn "Schutz vor" impliziert, dass die Organisierte Kriminalität selbst unangetastet bleibt, aber irgendwer vor deren Aktivitäten geschützt werden muß. Sind jedoch Akteure oder Aktivitäten bekannt, so muß strafrechtlich mit polizeilichen Methoden ermittelt werden und nicht im Sinne eines wie auch immer gearteten Verfassungsschutzes. Im Hinblick auf die angeblich angestrebte Bekämpfung der Organisierten Kriminalität ist § 2 Abs. (4) ThürVSG lesenswert.
§ 2 Abs. (3) zeigt, dass auch anerkannte und regierende Politiker und Parteien laufend gegen die freiheitlich-demokratische GO agieren und entscheiden, aber deswegen keineswegs vom VS beobachtet werden.

Die Befugnisse des Landesamtes für Verfassungsschutz gehen zu weit und sind in ihrer Unverhältnismäßigkeit abzulehnen.

  • § 2 Abs. (5) Pkt. 2 "im öffentlichen Interesse geheimhaltungsbedürftige Tatsachen, Gegenstände oder Erkenntnisse" sind nicht näher definiert und können alles und nichts einschließen und damit die Grundlage für jedwede Ermittlungsarbeit und Datenerhebung sein.
  • das ThürVSG ist voll von "Gummibandparagraphen", die alles und nichts bedeuten können und alles mögliche rechtfertigen (z.B. § 8 Abs. (1) persönliche Daten dürfen „verändert“ werden; Umfang und Dauer der Speicherung sind nicht konkret definiert (Abs. 3); § 9 Abs. (2))

Der Verfassungsschutz ist zu sehr weitgehenden Einschränkungen und Eingriffen in folgende wesentliche Grundrechte berechtigt:

  • Schutz der Privatsphäre
  • Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis
  • Unverletzlichkeit der Wohnung
  • Versammlungsfreiheit
  • Vereinigungsfreiheit

Freiheit wird hier klar für ein fragwürdiges Sicherheitsverständnis geopfert.

Die geforderte Auflösung des Landesamts für Verfassungsschutz schließt nicht aus, sich für eine (nicht geheimdienstlich operierende) Institution oder ein Amt einzusetzen, das grundgesetzwidrige Aktivitäten und Bestrebungen beschreibend und beobachtend aufnimmt und der Öffentlichkeit zugänglich macht. Eine ähnliche Forderung hat der Landesverband der LINKEN aufgestellt (siehe Dokumentationszentrum für Menschen- und Grundrechte im "Regierungsprogramm der LINKEN zur Landtagswahl 2009").

Eine Auflösung des Thüringer Landesamts für Verfassungsschutz wurde auch vom Landesparteitag der Thüringer SPD im Juni 2011 gefordert. Der entsprechende Antrag wurde vom Kreisverband Erfurt der SPD eingebracht ([2]).

Weitere Links und Quellen:


Unterstützung / Ablehnung

Piraten, die vrstl. FÜR diesen Antrag stimmen

  1. Frank11
  2. Stephan Beyer 11:54, 5. Okt. 2011 (UTC)
  3. Bratwurst
  4.  ?
  5. ...

Piraten, die vrstl. GEGEN diesen Antrag stimmen

  1.  ?
  2.  ?
  3. ...

Piraten, die sich vrstl. enthalten

  1.  ?
  2.  ?
  3. ...

Diskussion

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