TH:Kreisverband Ilm-Kreis/Breitband Ilmenau
Überblick über die Breitbandversorgung in Ilmenau
Wenn man sich einmal den Thüringer Breitbandatlas anschaut, könnte man meinen, dass Ilmenau im Vergleich zu manch anderer Thüringer Gemeinde ohne DSL eigentlich ganz gut da steht. Allerdings steckt der Teufel, wie so oft, im Detail. Was heißt Breitband für die Bundesregierung eigentlich und ab welcher Bandbreite spricht man von Breitband? Dieser Begriff wurde noch im Jahr 2008 bundesweit als Versorgung mit minimal 128kbit/s (ISDN) definiert und hatte allerdings wenig mit einer wirklich breitbandigen Versorgung zu tun, und so gab es 2009 eine Anpassung auf 1Mbit/s (DSL 1.000). Die technologische Entwicklung hatte sogar 2009 auch diesen Wert schon längst eingeholt. Anschlüsse unter DSL 1.000 sind bei keinem Anbieter mehr zu haben, die Tendenz geht zu immer schnelleren DSL-Anschlüssen. Die EU hat ihre Förderrichtlinien ebenfalls angepasst und spricht darin von einem minimalen Wert von 2Mbit/s (DSL 2.000), die ein Breitbandanschluss haben muss, damit er als solcher gilt. Diese Vorgabe ist allerdings noch nicht auf Bundesebene umgesetzt, die Breitbandstrategie der Bundesregierung spricht nach wie vor von 1Mbit/s-Anschlüssen als Breitbandminimum.
Diese Definitionen machen deutlich, das Breitband derzeit nur für ein Minimum an Geschwindigkeit steht. Egal ob 1Mbit/s oder 2Mbit/s – viele moderne Netzanwendungen sind damit gar nicht möglich. Die Größe der Webseiten ist in den letzten Jahren kontinuierlich gewachsen. Dazu kommt ein anhaltender Trend zu Videos und Multimediainhalten, die deutlich größer sind als normale Textdateien. Die deutsche Telekom beispielsweise stellt für Kunden, die einen Anschluss mit einer Bandbreite von weniger als 16Mbit/s haben, gar kein Internet-Fernsehen bereit. Um dieses in HD zubekommen, benötigt man sogar einen VDSL-Anschluss mit 25Mbit/s.
Darüber hinaus hat sich das Nutzungsverhalten deutlich verändert. Internet wird nicht mehr nur von Jugendlichen genutzt. Die Geschwindigkeit des Anschlusses bezieht sich aber nach wie vor auf einen Haushalt. War es vor wenigen Jahren im Schnitt noch eine Person pro Haushalt, die den Anschluss nutzte, ist es mittlerweile die gesamte Familie. Die Bandbreite teilt sich damit im Vergleich auf deutlich mehr Personen auf, die oft auch noch gleichzeitig surfen. Pro Person bleiben dann nur sehr niedrige Datenraten übrig. Vor diesem Hintergrund sind selbst die aktualisierten Werte für das Breitbandminimum nur ein Schwellenwert.
Die Situation sieht in Ilmenau leider so aus, dass am Wohngebiet "Am Stollen", wo sich neben Familienwohnungen auch viele Studenten-WGs befinden, im Regelfall nur 2 Mbit/s verfügbar sind. Im Detail stehen für die Straßen "Am Stollen", "Bergrat-Voigt-Straße", "Joliot-Curie-Straße", "Johann-Friedrich-Böttger-Straße", "Christian-Füchsel-Straße", "Geschwister-Scholl-Straße", "Hans-Eisler-Straße" laut Auskunft der Deutschen Telekom AG jeweils zwischen 2Mbit/s und 6Mbit/s zur Verfügung. Besser sieht es am Anfang der "Schortestraße" aus. Dort ist VDSL mit 50Mbit/s verfügbar. Auf der "Pörlitzer Höhe" sieht es etwas besser aus. In der "Herrmann-Schäffer-Straße" steht eine Bandbreite von 2Mbits bis 6Mbits zur Verfügung. Besser angebunden dagegen sind die "Humboldstraße", "Keplerstraße", "Ziolkowskistraße", sowie Teile der "Heinrich-Hertz-Straße". Hier sind bis zu 16Mbit/s möglich. Anwohner berichten allerdings von maximal 6Mbit/s in der Praxis.
Probleme gibt es in Ilmenau auch im Wohngebiet "Am Hüttenholz". Im Jahr 1997 wurde die damals moderne HYTAS Glasfasertechnik verlegt, welche eigentlich schnelles Internet möglich machen sollte. Aktuell stehen den Bewohnern dort jedoch von Seiten der klassischen Telekommunikationsanbieter nur 128kbit/s zur Verfügung. Laut verschiedener Anbieter ist breitbandiges und kabelgebundenes Internet schlichtweg aus Kostengründen nicht verwirklicht worden. Bequemes Surfen oder der Zugang zu den meisten Technologien ist damit nur über Umwege möglich. Zwar ist es teilweise möglich über die newone GmbH Internet über Funk mit bis zu 10Mbit/s zu bekommen, allerdings ist dies stark abhängig vom Wohnort am Hüttenholz. Weitere Nachteile beim Medium Funk sind, dass es sich hierbei um ein "Shared Medium" handelt. Da es sich hier um ein IEEE 802.11 Wiress LAN handelt, bekommt jeder Nutzer irgendwann einmal die volle Bandbreite zur Verfügung gestellt. Falls das Medium durch einen anderen Benutzer belegt ist, heißt es warten. Ist das Medium frei, darf gesendet werden. In der Regel geht dies recht schnell und ohne größere Verzögerungen. Problematisch wird dies unter Umständen bei Echzeitanwendungen, wie Videokonferenzen.
Auch beim Internet über Mobilfunk mittels UMTS oder LTE bestehen die gleichen Probleme. Die nutzbare Bandbreite sinkt, je mehr Leute sich in einer Funkzelle aufhalten. Ein weiteres Problem sind die Mobilfunkverträge, die oft auf einige Gigabyte oder weniger im Monat gegrenzt sind. In Zeiten von täglichen Softwareupdates für Anwendungssoftware oder das Betriebssystem, sowie Videoportalen sind diese Grenzen ziemlich schnell erreicht. Danach wird die Geschwindigkeit auf 384/kbits gedrosselt. Weiterhin verbieten einige Mobilfunkanbieter in ihren allgemeinen Geschäftsbedingungen das Nutzen von Peer-to-Peer-Verkehr.
Kabelgebundenes Internet muss langfristiges Ziel sein
Von einer Geschwindigkeit von 2Mbit/s mögen zwar einige Gemeinden in Thüringen bisher nur träumen. Wenn man bedenkt, dass der Knotenpunkt des Deutschen Forschungsnetzes (DFN) im Rechenzentrum mit 10Gbit/s (das entspricht einem DSL-10.000.000-Anschluss) angebunden ist, dann ist der Status Quo schon ein Armutszeugnis für die Anbieter. In den Studentenwohnheimen die über FeM e.V. in Koooperation mit dem Rechenzentrum versorgt werden, stehen, mit Ausnahme der Schlossmauer 9, für den einzelnen Nutzer 100Mbit/s zur Verfügung. Realisiert wird dies vor allem Dank des ehrenamtlichen Engagements vieler Freiwilliger, sowie vieler Meter Singlemode- und Multimode-Glasfasern am unteren bzw. oberen Campus. Die Schlossmauer 9 ist über eine Funkstrecke zum Faradaybau und von dort über ein gemietetes Glasfaserkabel (Darkfiber) der Universität ans FeM-Net angeschlossen.
Woran liegt es, dass Internet Service Provider, so ungern das Netz weiter ausbauen, sobald eine gewisse Grundversorgung hergestellt ist? Die Netzbetreiber scheuen vielfach das Risiko teurer Investitionen in die Netze und so bleibt der Ausbaustand auf einem geringen Grundniveau. Schnellere Anschlüsse sind dann auch in zentralen innerstädtischen Bereichen nicht mehr möglich. Auf die bereits vorhandenen Netze werden zudem oft noch weitere Anschlüsse geschaltet, so dass die Qualität der gesamten Verbindung immer weiter abnimmt. Vor Ort besteht auch häufig das Problem, dass keine technischen Ressourcen mehr frei sind, um neue Nutzer anzuschließen. Das führt dann dazu, dass neue Nutzer einfach keinen Breitbandanschluss bekommen können, obwohl auf dem Papier am Wohnort ein Breitbandanschluss möglich sein soll. Darunter leiden nicht nur die Anwohner, sondern häufig sind auch die ansässigen Gewerbetreibenden.
Neben der Telekom und den Fernsehkabelbetreibern gibt es mittlerweile auch andere Anbieter auf dem Markt, die einen Netzausbau möglich machen. Häufig werden hier Hybridstrategien aus Glasfaserkabel und Kupferkabel genutzt, um auch Regionen außerhalb der Ballungszentren mit Breitband zu erschließen. Diese Hybridtechnologien basieren meistens auf dem Fibre-To-The-Node-(FTTN)-Ansatz. Glasfaserkabel werden nur genutzt, um die Vermittlerstation vor Ort anzuschließen. Danach erfolgt die Verteilung in die Wohnung über die bereits vorhandenen Kupferkabel. Das spart Kosten, denn ein teurer Ausbau des Glasfasernetzes bis in jede Wohnung entfällt. Mit dieser Technik (in Thüringen angeboten von Netkom und Encoline in Zusammenarbeit) sinken die Investitionskosten erheblich. Somit rentiert es sich, auch kleinere Gemeinden mittels Glasfaserkabel an das Internet anzuschließen. Das reine DSL Kundengeschäft wird anschließend an Partnerfirmen übergeben.
Alles in allem zeigt der Status Quo, dass sowohl die Regierung als auch die Netzbetreiber die eigenen gesteckten Ziele nicht erreicht haben und neue gesteckte Ziele wohl nicht erreichen werden. Ein vermehrter Einsatz der Kommunen ist daher unersetzlich. Breitbandiges Internet ist in Technologie-Regionen wie Thüringen heute mehr denn je ein zentraler Standortfaktor für Bewohner und Unternehmen.
Weitere Informationen gibt es im Breitbandratgeber 2011 der Piraten Thüringen.