Benutzer:P1ng0ut/KV-Programm

Aus Wiki der Piraten Thueringen
Wechseln zu: Navigation, Suche

Programm des Kreisverbands Jena, Piratenpartei Deutschland

Präambel

„Man kann eine Idee durch eine andere ver­drän­gen, nur die der Frei­heit nicht.“

(Ludwig Börne)

Die Piratenpartei Deutschland wurde im September 2006 gegründet, in dem sich Menschen mit unterschiedlichen Weltanschauungen und politischen Haltungen zusammenschlossen, um ihrem Protest gegen die freiheitsfeindliche Politik der etablierten Parteien Ausdruck zu verleihen und für eine neue, zukunftsorientierte Gesellschaft zu arbeiten. Seitdem haben die Piraten einen rasanten Mitgliederzuwachs verzeichnet und sind in kürzester Zeit zu einer engagierten Bürgerrechtsbewegung geworden, die sich für Freiheit, Datenschutz, Transparenz in Politik und Verwaltung, sowie neue Formen und Möglichkeiten der direkten und partizipativen Demokratie und gegen Zensur und Überwachung, staatliche Bevormundung, Korruption und Lobbyismus einsetzt.

Piraten sind Politiker aus Notwehr. Wir verstehen die allgemeine Politikverdrossenheit und die Enttäuschung der Bürger über die sogenannten „Volksparteien“ und ihre Politik der Bevorzugung von Klientelen, der Bestechlichkeit und der zunehmenden ungerechten Verteilung von Wohlstand. Wir als Bürger müssen uns unsere Rechte wieder zurückerobern. Auf der Straße, in vielfältigen Initiativen und Aktionen, am Arbeitsplatz, im sozialen Umfeld, in Parlamenten, in der Politik. Wir sind der Überzeugung, dass Menschen nur gemeinsam an den drängenden Fragen unserer Zeit arbeiten können und dafür der Sachverstand und die Kompetenz aller Bürger mit einbezogen werden müssen.

In Jena gibt es seit August 2009 einen aktiv arbeitenden Kreisverband der Piratenpartei. Die PIRATEN Jena sehen die dringende Notwendigkeit und auch die Chance, die anstehenden gesamtgesellschaftlichen Veränderungen genauso auf kommunaler Ebene zu verwirklichen. Verkrustete politische Strukturen im Stadtrat und in der Verwaltung behindern den Zugang der Jenaer Bürger zu demokratischer Mitbestimmung, zu mehr sozialer Teilhabe, Information, Kommunikation, Bildung, kreativer Selbstverwirklichung und den vielfältigen Möglichkeiten der digitalen Vernetzung. Die Zeit ist gekommen, das zu ändern.

Die weitere Entwicklung unserer Stadt sollte vor allem unter Berücksichtigung des Bürgerwillens und mit größtmöglicher Bürgerbeteiligung stattfinden und nicht nur unter dem verengten Blickwinkel von wirtschaftlichen und finanziellen Interessen. Wir nehmen die ganz alltäglichen Sorgen der Bürger ernst und versuchen, gemeinschafts- und sachorientierte Lösungen für anstehende Probleme zu finden. Dafür sind wir bereit, jenseits von Parteigrenzen mit allen zusammen zu arbeiten, die unsere Ziele unterstützen und mittragen wollen.

TRANSPARENZ IN POLITIK UND VERWALTUNG
„Gläserne Stadt statt gläserner Bürger“

Ein transparentes Objekt kann durchschaut werden. In diesem Sinne ist es für die Bürger heute wichtiger denn je, das Handeln ihrer politischen Vertreter, sowie von Behörden und Verwaltungen zu durchschauen. Eine demokratisch legitimierte und bürgernahe Politik und Verwaltung sollte so offen wie möglich arbeiten. Der freie Informationsaustausch zwischen den Akteuren des politischen Systems und den Bürgern gewährleistet die Wahrnehmung der Bürgerinteressen, die Kommunikation auf gleicher Augenhöhe und schafft gegenseitiges Vertrauen. Gleichzeitig verhindert Transparenz durch Rechenschaftspflichten und Offenlegung von Informationen weitgehend Machtmissbrauch, Interessenskonflikte, Hinterzimmerpolitik und Korruption. Durch das Prinzip der Transparenz werden alle Bürger in die Lage versetzt, sich zu informieren, zu beteiligen, Probleme zu erkennen, zu diskutieren und Kritik und Verbesserungsvorschläge vorzubringen.

Informationsfreiheitsgesetz

Das Informationsfreiheitsgesetz des Bundes (IFG) und das Thüringer Informationsfreiheitsgesetz (ThürIFG) räumt Bürgern das Recht ein, auf wichtige und sachdienliche Informationen ihrer Kommune zuzugreifen. Im Hinblick auf die Nachvollziehbarkeit von kommunalen Projekten und Vorhaben oder zur allgemeinen Auskunft ist es unabdingbar, dass Bürger möglichst unkompliziert auf entsprechende Informationen zugreifen können und sich die Verwaltung dabei als unbürokratischer Dienstleister versteht. Derzeit bestehende Hürden sind schnellstmöglich abzubauen und freie und offene Kommunikationsstrukturen in der Stadtverwaltung Jena zu fördern.

Die PIRATEN Jena fordern deshalb:

  • die Einführung eines unabhängigen Beauftragten für Informationsfreiheit und Transparenz in der Verwaltung, der den Bürgern als Ansprechpartner zur Verfügung steht. Dieser organisiert und koordiniert nicht nur die Bearbeitung anfallender IFG-Anfragen, sondern auch die Zusammenfassung, Strukturierung und Veröffentlichung der Antworten, sowie weiterer Informationen, steht für Beschwerden zur Verfügung, gewährleistet die Korrektheit der Gebührenberechnung und fördert nach außen und innen die Transparenz und Bürgernähe des Stadtrats und aller Behörden der kommunalen Verwaltung.
  • die derzeitigen Hürden, die dazu führen, dass Bürger faktisch so gut wie keine Anfragen nach dem IFG an die Stadtverwaltung stellen, sind abzubauen. Der bürokratische Aufwand für eine Anfrage soll so gering wie möglich gehalten werden. Zu diesem Zweck sind die Möglichkeiten des Internets und der digitalen Datenverarbeitung zu nutzen (zentrales Anfrage-Portal / Online-Ticket-System).
  • die Kosten für Anfragen nach dem IFG wie gesetzlich gefordert möglichst niedrig zu halten. Sie müssen transparent und nachvollziehbar sein und dürfen interessierte Bürger nicht vom Informationszugang abschrecken.
  • auf Landesebene die gesetzliche Möglichkeit für Kommunen, eigene Informationsfreiheitssatzungen zu erlassen.

Open Data – Freie Daten für freie Bürger

Die Open-Data-Bewegung bzw. -Philosophie setzt sich dafür ein, Daten, die für die Allgemeinheit vorgehalten werden, zur freien Nutzung und Weiterverwendung für alle Bürger freizugeben und zugänglich zu machen. Da diese Daten in der Regel mit öffentlichen Geldern produziert werden, sollten sie auch ohne Einschränkung den Bürgern zur Verfügung stehen.

Die PIRATEN Jena fordern deshalb:

  • nichtpersonenbezogene Daten, Verwaltungsvorgänge und Dokumente sollten auf einem leicht abrufbaren Informationsportal der Stadt öffentlich für jedermann gesammelt zur Verfügung stehen. Darunter fallen Daten wie z. B. Protokolle, Stadtratsbeschlüsse, Wirtschaftspläne, Fahrpläne, Karten und Stadtpläne, demographische Daten, Berichte und Bilanzen der Eigenbetriebe und Betriebe mit städtischen Beteiligungen, Umweltmessdaten, Infrastrukturdaten, Wirtschaftsdaten, Lehrmaterialien, Kataloge und Museumsbestände.
  • bei der Einführung eines solchen Open-Data-Portals die Bürger über eine breit angelegte Informationskampagne und entsprechende Öffentlichkeitsarbeit über die Bedienung und Möglichkeiten der Nutzung zu informieren.
  • die Erstellung einer regelmäßigen Übersicht abrufbarer Dokumentkategorien kommunaler Stellen und Ämter („Gelbe Seiten für städtische Informationen“)

Transparente Kommunalpolitik

Kommunalpolitiker sind demokratisch gewählte Vertreter der Bürger und diesen jederzeit Rechenschaft pflichtig. Trotzdem ist die Transparenz des politischen Handelns in Jena stark verbesserungswürdig. Eine ehrliche und für jeden Bürger nachvollziehbare Politik zeigt sich in einem offenen Stadtrat, für den die Entwicklung neuer interaktiver Kommunikationsformen mit den Bürgern eine Selbstverständlichkeit darstellt. Die Vernichtung von Aufzeichnungen, geheime Ausschusssitzungen, viele nichtöffentliche Tagesordnungspunkte und ein meist nicht aktuelles Sammelsurium an Protokollen und Dokumenten erschweren es jedoch derzeit den Bürgern, die Tätigkeit ihrer Kommunalpolitiker mit zu verfolgen, ihre Entscheidungen nachzuvollziehen und sich notfalls mit konstruktiver Kritik am politischen Entscheidungsprozess zu beteiligen.

Die PIRATEN Jena fordern deshalb:

  • die rechtzeitige und vollständige Veröffentlichung der Tagesordnung und aller Sitzungsunterlagen (auch der vorliegenden Bürgeranfragen) vor der Sitzung des Stadtrats.
  • die unverzügliche Veröffentlichung der genehmigten Niederschriften nach einer Sitzung. Vorläufige Sitzungsprotokolle sind unmittelbar nach dem Erstellen zu veröffentlichen und mit dem Vermerk „vorläufig“ zu kennzeichnen.
  • die vollständige und verständlich aufbereitete Veröffentlichung des städtischen Finanzhaushalts nach seiner Verabschiedung im Stadtrat nach dem Vorbild von z. B. OpenHaushalt.
  • dass jede öffentliche Sitzung des Stadtrats über einen Live-Stream ins Internet übertragen, aufgezeichnet und archiviert wird.
  • dass der Stadtrat und alle Ausschüsse grundsätzlich öffentlich tagen. Nicht öffentliche Sitzungen sind nur im Ausnahmefall statthaft und öffentlich zu begründen. Nicht öffentliche Sitzungsanteile der Ausschüsse und des Stadtrats sollten wenigstens von ihrem Thema her transparent sein.
  • neue und flexiblere Möglichkeiten für Bürgeranfragen zu Stadtratssitzungen (Vortrag einer Anfrage durch einen Vertreter, Anfragen per Ticketsystem u. ä.) Alle Bürgeranfragen werden zusammen mit den Antworten archiviert und veröffentlicht.
  • Möglichkeiten der direkten Kommunikation mit den Stadträten (z. B. Kommentare zur Stadtratsdiskussion, Abgeordneten-Watch für direkte Fragen an Abgeordnete, Fraktionen, Parteien und Dezernenten).

Public Private Partnership (PPP) in Jena

Als Public Private Partnership (PPP, auch Öffentlich-Private Partnerschaft ÖPP genannt) wird der Einsatz privatwirtschaftlicher Ressourcen (Kapital, Personal, Betriebsmittel, Fachwissen) zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben bezeichnet. Gerade auf kommunaler Ebene wird dieses Modell inzwischen häufig eingesetzt, um in Zeiten knapper Haushaltskassen notwendige Investitionsmaßnahmen durchführen zu können. Die Kommune kann so die hohe Belastung der Sofortfinanzierung bzw. das Aufnehmen von Krediten umgehen, ist aber zwingend an die häufig sehr langfristigen Verträge mit den Investoren gebunden.

Diese Verträge werden oft als Verschlusssache deklariert und sind nicht einmal mehr gewählten Volksvertretern zugänglich. Diese Vermischung von Ausgaben der öffentlichen Hand und den profitorientierten Interessen privatwirtschaftlicher Geldgeber hat sich in der Realität als sehr heikel herausgestellt und führt oft dazu, dass öffentliche Mittel nicht mehr dem Gemeinwohl dienen, sondern der Gewinnmaximierung. Kosten von PPP-Projekten verschwinden in intransparenten Schattenhaushalten, die Daseinsfürsorge der Bürger wird zum Finanzprodukt von Spekulanten. Gerade die Gefahr der schleichenden Privatisierung öffentlicher Aufgaben bedarf einer transparenten Begleitung entsprechender Entscheidungen. Auch in Jena gibt es derzeit erheblichen Nachholbedarf im Hinblick auf die Transparenz von PPP-Projekten.

Die PIRATEN Jena fordern deshalb:

  • städtisches Gemeingut in Bürgerhand zu belassen.
  • die vollständige Offenlegung aller PPP-Verträge der Stadt.
  • die Erstellung eines Kataloges objektiver Kriterien, die eine Bewertung bzw. Abschätzung von Sinn und Erfolg einer PPP ermöglichen.
  • die sorgfältige Prüfung geplanter PPP-Projekte auf Grundlage dieses Kataloges im Vorfeld und während der Realisierung.
  • die Möglichkeit der Rücknahme und Kündigung von PPP-Verträgen von vornherein vorzusehen.
  • PPP-Projekte während der Vertragsdauer in regelmäßigen Abständen zu evaluieren und die Ergebnisse der Evaluation zu veröffentlichen.
  • die gesonderte Prüfung und ggf. Auflösung bzw. Rücknahme von bestehenden PPP-Projekten in Bereichen mit sensiblen öffentlichen Aufgaben.

Bekämpfung von Korruption und Vetternwirtschaft

Die Piratenpartei steht für eine ehrliche Politik jenseits von Korruption, Vorteilsannahme und Vorteilsgewährung, Veruntreuung, Ämterpatronage und Vetternwirtschaft. Die effektive Bekämpfung der Korruption in Politik, Verwaltung, Wirtschaft und nichtwirtschaftlichen Organisationen (z. B. Stiftungen, freie Träger) muss gerade in Jena mit seiner hohen Verflechtung von Kommunalpolitik, Stadtverwaltung, Eigenbetrieben und Unternehmen mit städtischer Beteiligung einen hohen Stellenwert einnehmen. Bei der Vermeidung von Interessenkonflikten sollte das Augenmerk nicht nur auf Einzelpersonen, sondern ebenso auf der Verwaltung mit ihren Ämtern und Behörden liegen. Auch die Annahme von Sponsoring oder Spenden gekoppelt mit Auftragserteilungen und Vertragsabschlüssen ist als Korruption zu werten. Neben dem finanziellen Schaden trägt Korruption nicht unwesentlich zum Vertrauensverlust in Politiker und politische Prozesse bei und schadet daher der Demokratie als Ganzes.

Die PIRATEN Jena fordern deshalb:

  • die Schaffung einer unabhängigen Ombudsstelle, die Verdachtsmitteilungen von Bürgern und Verwaltungsmitarbeitern öffentlich, vertraulich oder auch anonym entgegennimmt, aktenkundig macht und an die zuständigen Stellen in der Verwaltung weiterleitet.
  • die Einrichtung einer Prüfgruppe mit einem unabhängigen Kontrollmandat, die zur Korruptionsprävention und -aufdeckung anlasslose und anlassbezogene Prüfungen durchführt.
  • die laufende Kontrolle des Vergaberechts auf seine Einhaltung und die Dokumentation und Veröffentlichung dieser Kontrollen; zu diesem Zweck ist eine interne Vergabedatenbank zu führen.
  • dass die Antikorruptionsrichtlinien der Stadt einheitlich und transparent für alle Verwaltungseinrichtungen, nachgeordnete Institutionen und Firmen mit städtischer Beteiligung gelten müssen.
  • die umfassende Information und Schulung aller Beschäftigten der Stadtverwaltung und städtischen Betriebe über das Thema Korruption und die Festlegung einheitlicher Verhaltenskodizes.
  • die Rotation von Personal in gefährdeten Positionen und/oder die konsequente Einhaltung des 4-Augen-Prinzips.
  • dass Sponsoring im Bereich der Verwaltung nur in Ausnahmefällen zulässig sein darf; dabei sind insbesondere Vorteile für Sponsoren im Bereich der Auftragsvergabe auszuschließen; dazu müssen klare Regelungen getroffen und öffentlich gemacht werden.
  • die Einführung eines Registers, in dem Bürgermeister, Stadträte und Dezernenten freiwillig ihre Einkünfte, Nebeneinkünfte und deren Quellen, sowie zusätzliche Ämter, Mitgliedschaften und Tätigkeiten (z. B. in Aufsichtsräten) aufführen können.

STADTENTWICKLUNG, UMWELT UND INFRASTRUKTUR

„Wir haben die Vision integrativer, prosperierender, kreativer und zukunftsfähiger Städte und Gemeinden, die allen Einwohnern hohe Lebensqualität bieten und ihnen die Möglichkeit verschaffen, aktiv an allen Aspekten urbanen Lebens mitzuwirken.“

(Auszug aus: Aalborg Commitments 2004)

Jena ist eine lebens- und liebenswerte Stadt mit einer beeindruckenden wirtschaftlichen Entwicklung und einer herausragenden Forschungslandschaft. Eine reizvolle Umgebung und vielseitig interessierte und engagierte Bürger verleihen unserer Stadt einen völlig eigenen Charakter.

In den letzten zwei Jahrzehnten hat sich in Jena jedoch eine kurzsichtige, rein wirtschafts- und erlösorientierte Stadtpolitik durchgesetzt. Die Stadt wird dabei lediglich wie ein Konzern verwaltet und weitergedacht. Eine zukunftsfähige und nachhaltige Stadtentwicklung sollte Jena im Gegensatz dazu wieder als einen kreativ nutzbaren Lebensraum betrachten. Die Lebensqualität aller Bürger muss im Mittelpunkt stehen. Dazu gehören die Weiterentwicklung kultureller Vielfalt, der Schutz der Umwelt und der sparsame Umgang mit natürlichen Ressourcen ebenso wie die Förderung einer modernen, menschenwürdigen Arbeitswelt. Lebensqualität sicherstellen heißt auch, Armut und soziale Ausgrenzung zu bekämpfen, innerhalb der Stadt und mit dem Umland zu kooperieren, sowie alle Bürger an der Entwicklung unserer Stadt teilhaben zu lassen. Teure Imageprojekte, Werbekampagnen und "Stadt-Etiketten" sind kein geeignetes Instrument der Stadtentwicklung.

Die PIRATEN Jena sehen die ständig fortschreitende Ausgliederung von Teilen der Stadtverwaltung als problematisch an. Derartige Maßnahmen verstärken den allgemeinen Trend, die Allgemeinheit betreffende Entscheidungen hinter verschlossenen Türen zu fällen. Der Ausverkauf von öffentlichem Raum und städtischem Eigentum zum Zwecke der kurzfristigen Haushaltskonsolidierung muss umgehend gestoppt und wenn möglich rückgängig gemacht werden.

Wir sprechen uns für eine deutlich bessere Förderung von Gemeinschaftsprojekten, gemeinnützigen Vereinen und genossenschaftlichen Initiativen aus. Stadtentwicklung braucht eine möglichst offene Kultur der Kooperation, Kommunikation und Beteiligung aller Bürger.


Jena und Wohnen - Nachholbedarf auf allen Ebenen

Die Wohnraumsituation in Jena ist in der Vergangenheit von der Politik sträflich vernachlässigt worden. Es fehlt bezahlbarer Wohnraum, vor allem für Familien mit Kindern und für Studenten. Immobilien- und Mietspekulationen haben die Lage in Jena verschärft. Sozialer Wohnungsbau wird weder von der Stadt noch von Investoren betrieben. Das hat wesentlich dazu beigetragen, dass Jena die höchsten Mieten in den neuen Bundesländern hat und Schlechterverdienende zunehmend ins Umland verdrängt werden. Vollmundige Wahlversprechen und kurzfristiger Aktionismus werden das Wohnraumproblem nicht lösen. Deshalb halten wir es für zwingend erforderlich, dass alle städtischen Maßnahmen zur Wohnraumentwicklung unter einem Dach gebündelt und koordiniert werden. Insbesondere JenaWohnen als städtisches Unternehmen sollte wieder den Schwerpunkt auf den Bau von bezahlbaren Wohnungen legen, statt nur den Bestand zu verwalten und zu erhalten. Vorausschauend und angesichts von Privatisierungen in anderen Städten werden die PIRATEN Jena gegen einen Verkauf des städtischen Wohnungsbestandes erheblichen Widerstand mobilisieren.

Die PIRATEN Jena stehen dafür ein:

  • dem Wohnungsbau ausreichende Priorität gegenüber anderen Baumaßnahmen (Gewerbegebieten, prestigeträchtigen Großprojekten, Einkaufszentren, Stadionumbau u. ä.) einzuräumen,
  • die städtischen Bebauungspläne systematisch zu prüfen, um weitere für den Wohnungsbau geeignete öffentliche Flächen zu erschließen (davon sollten auch Flächen in Gewerbegebieten nicht ausgenommen werden, für die sich über längere Zeiträume hinweg keine Investoren finden),
  • gangbare Alternativen zur Zerstörung von ökologisch wertvollen und kulturell bedeutsamen Flächen (wie z. B. durch Erhöhung der Bebauungsgrenze) zu suchen,
  • die erwirtschafteten Überschüsse von JenaWohnen vorrangig in den Ausbau und die Sicherung von bezahlbarem Wohnraum zu investieren,
  • Fördermöglichkeiten für sozialen Wohnungsbau umfassend zu nutzen und ungenutzte private Flächen durch die Stadt ankaufen zu lassen.

Mobil in Jena - Entwicklung intelligenter Verkehrskonzepte

Freie Bewegung innerhalb des städtischen Raumes ist eine wesentliche Grundlage für die Lebendigkeit einer modernen Stadt. Dabei sollten die verschiedenen Varianten des Individualverkehrs und des öffentlichen Nahverkehrs optimal miteinander vernetzt werden. Prinzipiell wäre eine Reduzierung des Autoverkehrs in der Innenstadt aus ökologischen Gründen wünschenswert. Wenn das Stadtzentrum nicht veröden soll, müssen jedoch preiswerte und komfortable Alternativen im Nahverkehr geschaffen werden. Eine schlichte Einschränkung des Autoverkehrs lehnen die PIRATEN Jena ab. Perspektivisch sollte die Stadt neue Möglichkeiten wie einen fahrscheinlosen Nahverkehr ins Auge fassen. Die Anbindung aller Jenaer Ortsteile, auch unter dem Gesichtspunkt der sozialen und kulturellen Teilhabe, ist notwendig. Dass die Nahverkehrspläne allein von der Verwaltung ohne Beteiligung der betroffenen Bürger erarbeitet werden, ist für die PIRATEN Jena nicht länger hinnehmbar.

Die PIRATEN Jena stehen dafür ein:

  • den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) in allen Jenaer Stadtteilen auf ein gleich hohes Niveau auszubauen,
  • möglichst alle innerstädtischen Verbindungen durch das stadteigene Verkehrsunternehmen und nicht durch überregionale Konzessionsnehmer zu realisieren,
  • die Anbindung von Ortsteilen wie Wöllnitz, Wogau oder Ilmnitz umgehend zu verbessern,
  • Elemente des Individualverkehrs mit dem öffentlichen Verkehrsnetz intelligent zu verbinden (Park+Ride, Parken+Mitfahren, Radwege, Fahrradparkplätze an wichtigen Knotenpunkten, Car-Sharing, Mitfahrzentrale),
  • die Zusammenarbeit und den regelmäßigen Informationsaustausch der zuständigen Stellen der Stadt Jena und des städtischen Nahverkehrsunternehmens mit dem Saale-Holzland-Kreis zu intensivieren,
  • die Mitgliedschaft im Verkehrsverbund Mittelthüringen (VMT) zu evaluieren und Alternativen zu prüfen,
  • Vorschläge, Ideen, Wünsche sowie Kritik von Nutzern des ÖPNV regelmäßig abzufragen und in die Planungen einzuarbeiten,
  • die Fortschreibung des Jenaer Nahverkehrsplans in Zukunft als Bürgerbeteiligungsverfahren zu organisieren,
  • den Kundenservice, den Internetauftritt sowie die Transparenz aller Geschäftsaktivitäten der Jenaer Nahverkehrs GmbH deutlich zu verbessern,
  • ein intelligentes Verkehrsmanagement (Ampelsteuerung, Verkehrsflussoptimierung, Kreisverkehre, sinnvolle Priorisierung des ÖPNV) einzuführen,
  • beginnend mit einer Gebührenbefreiung für Kinder und Jugendliche schrittweise einen fahrscheinlosen Nahverkehr zu etablieren, um die Innenstadt vom motorisierten Individualverkehr zu entlasten und
  • für die nachhaltige Verbesserung der Jenaer Verkehrsinfrastruktur und die Finanzierung des fahrscheinlosen Nahverkehrs eine Nahverkehrsabgabe für Bürger und Unternehmen zu erheben.

Mobilität in Jena bedeutet für uns auch, die Erreichbarkeit von Fernzielen sicherzustellen. Eine Abkopplung vom Fernverkehr durch die Deutsche Bahn lehnen wir daher ab.


Lebensraum Stadt - menschenfreundlicher öffentlicher Raum

Die Lebensqualität in Jena spiegelt sich im öffentlichen Raum und dessen kreativen Möglichkeiten wider. Bei der Raumplanung und Flächennutzung sollten Kultur, Freizeit und Aufenthaltsqualität gegenüber Industrie, Mobilität oder Handel eine höhere Priorität einnehmen. Die PIRATEN Jena setzen sich für eine aktive Gestaltung von familien- und kinderfreundlichen, naturnahen und kostenlos nutzbaren öffentlichen Stadtbereichen ein. Dabei dürfen außen liegende Stadtteile gegenüber der Innenstadt nicht vernachlässigt werden. Große städtebauliche Projekte wie auf dem Eichplatz oder Inselplatz nur unter dem Gesichtspunkt der Rendite potentieller Investoren zu planen und zu verwirklichen, schadet auf lange Sicht der Stadt und schließt Menschen und Natur gleichermaßen aus. Die Piraten sprechen sich daher für eine kleinteilige, fantasievolle Bebauung mit Grün- und Aufenthaltszonen, einem vielfältigen Einzelhandelsangebot und einer Verzahnung von privater, öffentlicher und gewerblicher Nutzung aus. Lebensraum Stadt bedeutet auch Bürgerengagement und -initiative. Für Stadtteilzentren, Vereine, Projekte, Musiker und Künstler, für nichtkommerzielle kulturelle, soziale oder politische Nutzung muss die Stadt zukünftig kostengünstigen oder kostenfreien Raum anbieten.

Die PIRATEN Jena stehen dafür ein:

  • Grünanlagen und verkehrsberuhigte Zonen zu schützen und zu erweitern,
  • eine menschenfreundliche und barrierefreie Innenstadt mit Kinderspielplätzen und Aufenthaltsbereichen ohne Konsumzwang zu gestalten, die eine freie, nichtkommerzielle Nutzung für gemeinschaftliche Projekte, Kultur und Kunst ermöglichen,
  • Stadtteil- und Begegnungszentren, Bürgerbüros, Jugendklubs, Stadtteilfeste und Kulturräume zu unterstützen,
  • die Jenaer Kleingartenkultur weitgehend zu erhalten,
  • städtische Räumlichkeiten für Freizeitgestaltung, Begegnung, Vereinstätigkeit, Bürgerinitiativen und politische Arbeit kostenfrei oder kostengünstig bereitzustellen,
  • den Einzelhandelsplan im Hinblick auf die geplante Erweiterung von Handelsflächen in der Innenstadt zu aktualisieren sowie ein Gutachten zu erstellen und zu veröffentlichen, das die Auswirkungen auf den restlichen Handel der Stadt abschätzt,
  • bei der Erweiterung von Einzelhandelsflächen auch Maßnahmen zur Gestaltung eines menschenfreundlichen Umfelds vorzusehen und
  • ein Leerstandsmanagement für Dienstleistung, Handel und Unternehmen in Zusammenabeit mit den Eigentümern zu betreiben, um das Verwaisen von Objekten, Straßenzügen oder ganzen Stadtteilen zu verhindern.


Umwelt- und Naturschutz ohne Wenn und Aber

Ein aktiver Umwelt- und Naturschutz spielt für Jena mit seiner einzigartigen landschaftlichen Lage im Saaletal eine herausragende Rolle. Die PIRATEN Jena sehen den Erhalt und den Schutz der natürlichen Umgebungsbedingungen für die nachfolgenden Generationen, der Erholungsfunktion der Landschaft und der Artenvielfalt als ihre vorrangigen Ziele im Bereich des Umweltschutzes an. Neue Technologien sollten dabei nicht zur Schädigung der Umwelt führen, sondern die anstehende Wende hin zu generativen und regenerativen Energiequellen befördern und einen sinnvollen Umgang mit Rohstoffen und natürlichen Ressourcen gewährleisten. Angesichts der Bedeutung des Naturschutzgroßprojekts "Orchideenregion Jena - Muschelkalkhänge im Mittleren Saaletal" und weiterer - auch europäisch ausgewiesener - Naturschutzgebiete sollte die Erzielung von Erträgen nicht im Vordergrund stehen.

Die PIRATEN Jena stehen dafür ein:

  • umweltschädigende Technologien wie Fracking und die Verpressung von CO2 (CCS) im Stadtgebiet von Jena und in ganz Thüringen nicht zuzulassen,
  • das Sparpotential neuer Technologien (z. B. intelligente Ampelsteuerung, LED-Stadtbeleuchtung) auszuschöpfen,
  • die Rechtmäßigkeit und Notwendigkeit aller Jenaer Mobilfunkanlagen regelmäßig zu überprüfen, insbesondere zur Minimierung von elektromagnetischen Strahlenbelastungen,
  • die dauerhafte Finanzierung des Naturschutzgroßprojekts "Orchideen-Muschelkalkhänge im Mittleren Saaletal" sicherzustellen,
  • Grünflächen und städtische Wälder weder zu privatisieren, noch in eine Stiftung auszugliedern, um sie nicht der demokratischen Kontrolle zu entziehen,
  • dass die Stadtwerke vorrangig Strom aus generativen Energiequellen bereitstellen und auch in Zukunft auf Atomstrom verzichten,
  • die dezentrale Erzeugung von Energie zu fördern,
  • ein Konzept zur wohnortnahen Sammlung von Elektronikschrott und Energiesparlampen zu erarbeiten,
  • Stadtbäume nach den fachlichen Vorgaben der Richtlinie "ZTV Baumpflege" zu pflegen und zu erhalten,
  • insbesondere im Stadtzentrum an geeigneten Stellen neue Bäume zu pflanzen,
  • die Vorteile einer FSC- oder Naturland-Zertifizierung für die nachhaltige Bewirtschaftung des Stadtwalds zu prüfen,
  • bei Baumaßnahmen die Einflüsse auf das Mikroklima der Stadt stärker als bisher zu untersuchen und zu beachten,
  • geeignete Flächen in der Saaleaue als schützenswertes Biotop auszuweisen und die fortschreitende Flächenversiegelung im Stadtgebiet zu beschränken und unnötig versiegelte Flächen wieder zu begrünen.


Sicherung der kommunalen Grundversorgung

Immer mehr Kommunen neigen aufgrund von finanziellen Engpässen dazu, ihr Eigentum zu verkaufen. Davon betroffen sind Grundstücke, Unternehmen, Bereiche der Verwaltungen und nicht zuletzt Infrastruktur und Dienstleistungen der Grundversorgung wie z. B. Energieversorgung oder Müllabfuhr. Während kommunale Versorger in der Regel nur kostendeckend arbeiten oder eventuelle Überschüsse für andere städtische Aufgaben abführen, steht für privatwirtschaftliche Unternehmen immer der Gewinn im Vordergrund – vom Bürger bezahlt. Die PIRATEN Jena sprechen sich daher gegen die Privatisierung der kommunalen Grundversorgung und für eine umfassende demokratische Kontrolle aus – Netze in Nutzerhand!

Die PIRATEN Jena stehen dafür ein:

  • die regionale Grundversorgung in öffentlicher Hand zu belassen bzw. zu rekommunalisieren, insbesondere langfristig alle Fremdanteile der Jenaer Stadtwerke Energie zurückzukaufen,
  • alle Informationen, Wirtschaftspläne und Bilanzen kommunaler Eigenbetriebe, Unternehmen und Zweckverbände vollständig und transparent zu veröffentlichen. Transparenz bedeutet dabei für uns auch eine für jeden Bürger verständlich aufbereitete Zusammenstellung der relevanten Informationen (z. B. nachvollziehbare Gebührenkalkulationen).
  • die Rechte der Bürger bei der Festsetzung von Gebühren im Bereich der Grundversorgung zu stärken, z. B. durch Vetorechte bei Investitionen.
  • nach intelligenten Möglichkeiten zu suchen, eine gute und flächendeckende Breitbandversorgung für alle Bürger bereitzustellen. Anbieter von öffentlichen WLAN-Netzen – wie z. B. Gaststätten – haften noch immer für die Aktivitäten ihrer Kunden im Netz. Ohne diese sogenannte Betreiberhaftung könnte das Angebot für Bürger und Touristen deutlich erweitert werden.
  • gerade in Wasser/Abwasser-Zweckverbänden die Mitwirkungsrechte und Kontrollmöglichkeiten für Bürger und ihre gewählten Volksvertretungen grundlegend zu verbessern.
  • bei gleichbleibender Versorgungsqualität die Kosten und damit auch die Gebühren für die Bürger so gering wie möglich zu halten.