TH:Landesparteitag 2011.1/Antragsfabrik/Positionspapier Drogenpolitik

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Pictogram voting wait blue.svg Dies ist ein eingereichter Sonstiger Antrag für den TH:Landesparteitag 2011.1 von Wilm Schumacher.

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Sonstiger Antrag Nr.
SO.PP.Drogenpolitik.1
Beantragt von
[[Antragssteller::Wilm Schumacher]]
Titel 
Positionspapier Drogenpolitik
Antrag

Der Landesparteitag möge beschliessen folgenden Text an geeigneter Stelle einzuführen.

Drogenpolitik

Grundsätzliches

Art. 2 Abs. 1 des Grundgesetzes sichert jedem Bürger der Bundesrepublik Deutschland das "Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit" zu, soweit er damit nicht die Rechte anderer verletzt. In diesem Sinne versteht es sich von selbst, daß jeder frei darüber entscheiden kann, ob, in welcher Weise und mit welchen Hilfsmitteln man sein Alltagsbewußtsein verändert oder erweitert und zu welchem Zweck dies geschieht. Menschen haben seit Urzeiten Pflanzen, Pilze, sowie künstlich hergestellte Mixturen und Substanzen zu sich genommen, die bewußtseinsverändernd, halluzinogen, psychedelisch, rauscherzeugend, unterhaltend, erheiternd, stimmungsaufhellend, wahrnehmungsverschiebend usw. wirken. Es gibt keinen Grund, einem Menschen dieses quasi natürliche "Recht auf Rausch" abzusprechen, soweit dieses Recht selbstverantwortlich und in freier Entscheidung wahrgenommen wird. Trotz des Vorstoßes verschiedener Gerichte im Sinne einer größeren Toleranz in dieser Richtung erging am 9. März 1994 das so genannte "Cannabis-Urteil" des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 90, 145), das ein "Recht auf Rausch" verneint und den Vorrang von Strafvorschriften im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG) betont. Die Diskrepanz zur Freiheit des Einzelnen, über sein Leben, seinen Körper und die Art und Weise, sich selbst und die Welt wahrzunehmen, selbst zu entscheiden, ist offensichtlich. Unabhängig davon ist seit langem bekannt, daß Verbote und Strafandrohungen in dieser Sache zu kontraproduktiven Auswirkungen führen, insbesondere die Kriminalisierung von ansonsten unbescholtenen Konsumenten, die ungewollte oder gewollte Unterstützung des organisierten Verbrechens, der Verlust der Kontrolle über Handel, Geldfluß, Substanzreinheit u.a., sozial schädliche Nebeneffekte wie Beschaffungskriminalität, Prostitution, Geldwäsche u.a.

Probleme bei der grundsätzlichen Legalisierung aller Substanzen

Trotz dieser für jeden Menschen einsichtigen Argumentation zugunsten der persönlichen Freiheit des Menschen existieren eine Vielzahl von Problemen, die mit einer allgemeinen Freigabe jeglicher Drogen einhergehen: * Aufgrund der Komplexität und vielfältiger moralischer, ideologischer, u.U. auch religiöser Einstellungen zu diesem Thema ist die Gesellschaft in dieser Hinsicht stark gespalten * Der gesellschaftliche Kontext, in dem heutzutage Drogen eingenommen werden, hat sich im Vergleich zu früheren Zeiten stark geändert. Während früher Drogen (meistens in ihrer natürlichen Form als Pflanze oder Pilz) oft auch in einem rituellen, bewußtseinserweiternden oder religiösen Kontext eingenommen wurden, steht heute Stimmungsveränderung und Unterhaltung im Vordergrund. Dies geht oft mit weniger Wissen, Leichtfertigkeit, Verantwortungslosigkeit, Suchtverhalten und Selbstschädigung einher. * Die Zahl der chemisch gewonnenen oder synthetisierten Substanzen ist mittlerweile unüberschaubar geworden. Die Grenzen zu ansonsten im Umlauf befindlichen Substanzen und Produkten, insbesondere zu Medikamenten (Psychopharmaka, Schmerzmittel, Amphetaminen, Narkotika), aber auch zu Tees, Aphrodisiaka (z.B. Poppers), Kräutern, Rauchmischungen usw. sind fließend und kaum noch zu ziehen. Haschisch kennt jeder, Betacetylmethadol, Ethylmethylthiambuten oder Hydroxypethidin dagegen dürften nur die Wenigsten kennen und in ihrer Wirkung einschätzen können. Die Überschneidungen mit dem Arzneimittelrecht führen eine allgemeine Freigabe aller "Rauschsubstanzen" allein schon ad absurdum, denn damit würde man dem Arzneimittelmißbrauch Tür und Tor öffnen. * Ein (selbst-)verantwortlicher Umgang mit Drogen ist insbesondere bei Kindern und Jugendlichen, aber auch bei gesellschaftlichen Randgruppen, Minderheiten, geistig Behinderten usw. nicht von vornherein anzunehmen. Manche Substanzen (insbesondere die Morphinderivate) sind für Heranwachsende extrem schädlich. Das Ziel einer freien Entfaltung der Persönlichkeit verkehrt sich an dieser Stelle in ihr Gegenteil. * Die Freigabe aller in Frage kommenden Substanzen ist eine Utopie und es stellt sich die Frage, ob die Gesellschaft als Ganzes für diesen Sprung in eine neue Qualität der persönlichen Freiheit überhaupt reif ist. In diesem Sinne muß man sich vorher sehr gut überlegen, welche Probleme man durch eine allgemeine Freigabe beseitigen würde, aber auch welche Probleme dadurch neu entstehen oder geschaffen würden. Konsequenzen für das gesamtgesellschaftliche Gefüge müssen gut durchdacht werden.

Drogenpolitik muß Realpolitik sein

Die Lösungssuche für gesamtgesellschaftliche Probleme jeglicher Art ist meiner Meinung nach immer als ein Prozeß zu verstehen. Solche Prozesse erfordern Zeit, eine gesamtgesellschaftliche Auseinandersetzung und eine demokratische Willensbildung unter Einbeziehung möglichst vieler Bürger. Niemand kann zu seinem Glück gezwungen werden; ein solches Denken ist kontraproduktiv, letztendlich sogar totalitär, wie die Geschichte beweist.

In diesem Sinne ist in der Frage einer modernen, zukunftsorientierten und freiheitlichen Drogenpolitik eine viel konkretere, sach- und lösungsorientierte Schritt-für-Schritt-Vorgehensweise viel erfolgversprechender. Dabei müssen u.U. realpolitische Kompromisse zumindest eine Zeit lang in Kauf genommen werden.

Eine solche Vorgehensweise könnte z.B. folgendermaßen aussehen:

1. Klärung der derzeitigen Thüringer Handhabung der Eigenbedarfsregelung:

Der § 31a des BtMG ermöglicht es der Staatsanwaltschaft, ohne Zustimmung des Gerichts bei Vergehen nach § 29 BtMG (Besitz, Handel… von Betäubungsmitteln) von der Verfolgung abzusehen, wenn * die Schuld des Täters als gering anzusehen ist, * kein öffentliches Interesse an der Strafverfolgung besteht und * der Täter die Betäubungsmittel lediglich zum Eigenverbrauch ** in geringer Menge, ** anbaut, herstellt, einführt, ausführt, durchführt, erwirbt, sich in ** sonstiger Weise verschafft oder besitzt.

Die Staatsanwaltschaft kann also (muss aber nicht) von einer Klage absehen, wenn die Menge im Besitz gering ist und offensichtlich für den persönlichen Bedarf vorgesehen ist. Diese Kann-Regelung ändert nichts an der derzeitigen grundsätzlichen Strafbarkeit des Drogenbesitzes. Das Bundesverfassungsgericht hatte in einem Beschluss vom 9. März 1994 darauf hingewiesen, dass die einzelnen Bundesländer verpflichtet sind, für eine im Wesentlichen einheitliche Einstellungspraxis der Staatsanwaltschaften hinsichtlich der geringen Menge von Drogen und des Eigenbedarfs entsprechend § 31 BtMG zu sorgen. Einige Bundesländer haben das getan, wobei im Wesentlichen - soweit mir bekannt - lediglich bestimmte Gramm-Mengen für Cannabis festgelegt wurden. Thüringen ist da allerdings eine Ausnahme und verweigert bis heute die Umsetzung dieser Forderung der Verfassungsrichter.

Erster Schritt mit einer klaren und mit der derzeitigen Rechtsprechung konformen Forderung der Piraten wäre: Einforderung der Festlegung einer Eigenbedarfsmenge in Thüringen gemäß § 31 BtMG und Vereinheitlichung der Vorgehensweise der Thüringer Staatsanwaltschaften. Diese Forderung sollte von einem LPT abgestimmt und in ein zukünftiges Wahlprogramm für Thüringen aufgenommen werden.

2. GLEICHZEITIGE Forderung einer allgemeinen gesetzlichen Regelung zur Straffreiheit von Mindermengen zum Eigenbedarf. D.h. aus der derzeitigen Kann-Bestimmung wird eine bindende gesetzliche Regelung, mit der die Kriminalisierung von Konsumenten aufhört. Notfalls als Alleingang von Thüringen auf Landesebene, wenn das aufgrund rechtlicher und gesetzlicher Vorgaben nicht geht, als Forderung der Bundespartei. In diesem Falle eigenständiger Antrag an den BPT und Aufnahme in das Wahlprogramm der Piratenpartei Deutschland.

3. Aufnahme des perspektivischen Ziels in das Parteiprogramm der Bundespartei, bestimmte Drogen gänzlich aus dem strikten Verbot des BtMG herauszunehmen und allgemein freizugeben. Der Handel dieser freigegebenen Pflanzen, Produkte und Substanzen sollte unter staatlicher Kontrolle erfolgen, Gewinne sind sinnvoll in Information, Aufklärung, Suchtbehandlung usw. zu investieren. Der Besitz zum Zwecke des Eigenbedarfs und Konsums wird straffrei gestellt. Es sind ergänzende Regelungen zu schaffen (Verkauf, Preise, Angebot, Substanzproduktion und -reinheit, Konsumverbot im Straßenverkehr usw.). Diese Freigabe wird in ihren Auswirkungen auf die Gesellschaft (Gesundheitskosten, Jugend, Kriminalität usw.) nach einer bestimmten Zeit von unabhängiger wissenschaftlicher Seite evaluiert. Fällt diese Evaluation positiv aus, fordert die Piratenpartei

4. eine grundlegende Überarbeitung und Neufassung der Drogengesetzgebung inclusive der Freigabe der meisten diesbezüglichen Substanzen. Dabei sollte es weiterhin die Möglichkeit geben, bestimmte Substanzen aufgrund ihrer gesundheitsschädigenden, manipulierenden oder suchterzeugenden Wirkung oder anderen Aspekten zu verbieten. Da die Piratenpartei klar für direkte Demokratie und mehr Bürgerbeteiligung eintritt, sollte man an dieser Stelle auch einen Volksentscheid in Betracht ziehen.

Diese Vorgehensweise vermeidet eine ideologische Polarisierung in Befürworter und Gegner und zeigt reale Handlungsmöglichkeiten jenseits einfachen Schwarz-Weiss-Denkens auf. Sie ist vor allem dazu geeignet, von vornherein mehr Befürworter und Unterstützer zu finden. Eine Utopie ist gut und schön, nützt jedoch niemandem etwas, wenn sie immer nur Utopie bleibt. Anfänglich kleine Schritte können daher der Grundstein für eine zukünftig radikalere Lösung des Problems sein.

Begründung

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Unterstützung / Ablehnung

Piraten, die vrstl. FÜR diesen Antrag stimmen

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Piraten, die vrstl. GEGEN diesen Antrag stimmen

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Piraten, die sich vrstl. enthalten

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