TH:Landesparteitag 2012.2/Antragsportal/Programmantrag - 042

Aus Wiki der Piraten Thueringen
Wechseln zu: Navigation, Suche

<- Zurück zum Antragsportal


Antragsübersicht

Antragsnummer PA042
Einreichungsdatum 05.10.2012
Gliederung Landesverband Thüringen
Antragsteller Frank Cebulla, Clemens Beckstein
Antragstyp Programmantrag
Art des Programmantrags Programmantrag
Zuordnung zum Programmpunkt 4.1.4 (alter 4.1.4 wird zu 4.1.5)
Zusammenfassung des Antrags Das Recht von Kindern auf körperliche Unversehrtheit schützen!
Schlagwörter Beschneidung, Genitalverstümmelung, Kinderrechte, Kinderrechtskonvention
Datum der letzten Änderung 25.10.2012
Status des Antrags

Add.png Antrag wurde eingereicht

Abstimmungsergebnis Help.svg Noch nicht abgestimmt

Antragstitel

Das Recht von Kindern auf körperliche Unversehrtheit schützen!

Antragstext

Es wird beantragt, als Pkt. 4.1.4 nachfolgenden Text in das Programm der PIRATEN Thüringen aufzunehmen. Der bisherige Pkt. 4.1.4 "Kinderfreundliche Verkehrsplanung" ist unter einem neuen Pkt. 4.1.5 nachrangig einzuordnen. Die PIRATEN Thüringen lehnen vehement alle Versuche ab, über gesetzliche Sonderregelungen, Dienstanweisungen oder das Aussetzen von Strafverfolgung aus nichtmedizinischen Gründen erfolgende Eingriffe in die körperliche Unversehrtheit von Kindern straffrei zu stellen. Derartige Bemühungen widersprechen diametral den Regelungen und Geboten des Grundgesetzes (insb. Art. 2 und 3) und der UN-Kinderrechtskonvention. Das fundamentale Recht jeden Kindes auf Menschenwürde, körperliche und seelische Integrität, sowie freie Wahl einer Religion, darf nicht angetastet werden. Wir setzen uns dafür ein, religiöse und anderweitige Bräuche und Traditionen, die der Gesundheit von Kindern schaden, abzuschaffen (entsprechend Art. 24 Abs. 3 der Kinderrechtskonvention). Dazu ist der Dialog zwischen Vertretern der Religionen, den Betroffenen, Medizinern, Kinderschutzverbänden, sowie Ethikern und Juristen zu suchen.

Antragsbegründung

Der Antrag bezieht sich auf die aktuellen Versuche der Bundesregierung, anlässlich eines Urteils der 1. Strafkammer des Kölner Landgerichts [1] zur Wertung der Beschneidung von Jungen aus religiösen Gründen als Körperverletzung, diese straffrei zu stellen. Dafür liegt ein Gesetz als Entwurf bereits vor oder ist zum Zeitpunkt der Antragstellung bereits angenommen. Hierzu soll im Bürgerlichen Gesetzbuch ein neuer Paragraph 1631d eingefügt werden, der Eltern im Rahmen des elterlichen Sorgerechts die Einwilligung zur Beschneidung eines männlichen Kindes ermöglicht.

Kinderschutzvereine und Ärzteverbände kritisieren den Gesetzentwurf heftig:

  • MOGIS e.V.
  • Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte
  • Fachverband der Kinderchirurgen
  • Deutsche Kinderhilfe
  • Deutscher Kinderschutzbund
  • Giordano-Bruno-Stiftung

u.a.

"Die Vertragsstaaten treffen alle wirksamen und geeigneten Maßnahmen, um überlieferte Bräuche, die für die Gesundheit der Kinder schädlich sind, abzuschaffen." (Artikel 24 Absatz 3 der UN-Kinderrechtskonvention)

Der Passauer Rechtsprofessor Holm Putzke spricht von einer "bizarren Missachtung kindlicher Rechte". [2] Reinhard Merkel, Rechtsphilosoph und Strafrechtler an der Uni Hamburg, Mitglied des Ethikrates, spricht von einem "kläglichen Gesetzentwurf". [3]

Der Gesetzentwurf bezieht sich in seiner Begründung absurderweise auf eine Stellungnahme der Amerikanischen Akademie der Kinderärzte (AAP), eines Verbandes aus einem Land, in dem immer noch ein Großteil der männlichen Neugeborenen beschnitten werden. Weltweit haben mittlerweile 30 pädiatrische Verbände der Auffassung der AAP widersprochen und halten sie für nicht von Forschungsergebnissen belegt. [4]

Die im Entwurf vorgesehene Regelung einer "im Einzelfall gebotenen und wirkungsvollen Schmerzbehandlung" ist eine windelweiche juristische Formulierung, da insbesondere bei Neugeborenen eine Vollnarkose nicht möglich ist oder ein großes Risiko darstellt. Das wiederum bedeutet, dass nichtärztliche Beschneider, die keine anästhesiologische Nervenblockade an der Peniswurzel beherrschen bzw. ausführen dürfen, auf ihre herkömmlichen absurden Methoden (Zäpfchen, Rotwein) zurückgreifen dürfen. Das ist skandalös.

Die Beschneidung allein männlichen Kindern zuzumuten, ist extrem diskriminierend und sexistisch. Im Islam gibt es vier Rechtsschulen: Malikiten und Hanbaliten befürworten auch die Frauenbeschneidung, Schafiiten halten sie sogar für eine religiöse Pflicht. Völlig adäquat zur männlichen Vorhautbeschneidung handelt es sich bei diesen Vorschriften ("Sunna-Beschneidung", wissenschaftlich als Female Genitale Mutilation Typ I bezeichnet) um eine Entfernung der Klitorisvorhaut bei der Frau. Trotzdem soll die Beschneidung nur bei Jungen legalisiert werden! [5]

Kinderrechte dürfen nicht – weder religiös motiviert noch aus anderen Erwägungen (Hygiene, Ästhetik oder sexualrepressiven Gründen) – zur Disposition gestellt werden. Zwar gewährleistet Artikel 4 Absatz II des Grundgesetzes die "ungestörte Religionsausübung". Aber im bedeutenden Kommentar zum Grundgesetz (GG) von Maunz Dürig kann jeder nachlesen, "dass sich Artikel 4 II nicht auf solche religiös motivierten Verhaltensweisen erstreckt, durch die das Sittengesetz flagrant verletzt wird" (Maunz Dürig, Grundgesetz, Kommentar zu Artikel 4 II, Rand-Nr. 113). Das Recht auf freie Religionsausübung ist ein individuelles Recht, es erstreckt sich nicht auf andere. Die eigene Freiheit endet da, wo die Freiheit des anderen Menschen beginnt.

Und schliesslich betont auch die UN in ihren "Allgemeinen Bemerkungen zur UN-Kinderrechtskonvention": "Definitionen von Gewalt dürfen unter keinen Umständen das fundamentale Recht des Kindes auf menschliche Würde und auf körperliche und seelische Integrität untergraben, indem gewisse Formen von Gewalt als gesetzlich und/oder sozial zulässig beschrieben werden."

Piratenpad

  • -

Ähnliche Anträge

Beschneidung :
Genitalverstümmelung :
Kinderrechte :



Anregungen

Bitte hier Tipps zur Verbesserung des Antrages eintragen.

Diskussion

Hier können Argumente angegeben werden, die für oder gegen den Antrag sprechen .

Dafür
Dagegen
+ „Kurze Verständnisfrage. Was ist genau mit "Kinder" gemeint? 0-14 nach der juristischen Definition oder 0-18 nach alle Minderjährigen?“ PeterGold

Unterstützung/Ablehung des Antrags

Piraten, die vrstl. FÜR diesen Antrag stimmen

Piraten, die vrstl. GEGEN diesen Antrag stimmen